Margit Huber präsentiert Fakten, wo andere es vorziehen zu glauben. Nach ihren Untersuchungen erklären sich über 50 Prozent der Profitabilität eines Unternehmens aus einem hohen Mitarbeiter-Commitment, das eng mit der Qualität der Führung korreliert.
"Intelligente Vergütung" lautete der Schwerpunkt des Hefts 11/2003 der Zeitschrift "Personalführung", doch mit Editorial von Dr. Margit Huber hatte man das Wichtigste schon gelesen; es brachte den größten Lerngewinn des gesamten Hefts. Huber ist Bereichsleiterin bei NFO Infratest Wirtschaftsforschung in München, und sie vermittelt auf kaum mehr als zwei Seiten einen beeindruckenden Einblick in den Forschungsstand ihres Hauses. In ihrem sehr dichten Artikel stellt sie zunächst fest, "dass das Mitarbeiter-Commitment – verstanden als Zufriedenheit und Engagement der Mitarbeiter – ein entscheidender Erfolgsfaktor für ein Unternehmen ist. Bis zu 50 Prozent der Profitabilität eines Unternehmens können demnach mit einem hohen Mitarbeiter-Commitment erklärt werden. Dieser hohe Prozentsatz erklärt sich daraus, dass Mitarbeiter sowohl die Qualität der Kundenbindung maßgeblich beeinflussen und gestalten als auch entscheidenden Anteil daran haben, ob gut organisierte Unternehmensprozesse tatsächlich den erwarteten Nutzen bringen (oder mittelmäßig organisierte Prozesse trotzdem ihren Zweck erfüllen)." (S. 1)
Commitment ist jedoch weder gleichzusetzen mit Mitarbeiterzufriedenheit noch deren unmittelbare Folge. Vielmehr ist Zufriedenheit "nur eine notwendige, nicht aber eine hinreichende Voraussetzung für Commitment" (S. 1). Leider lässt Huber offen, ob hier wirklich eine kausale Beziehung nachgewiesen wurde oder nur eine Korrelation, deren Richtung sich aus den Daten nicht ableiten lässt. Mindestens genauso plausibel wäre, dass Zufriedenheit nicht die Ursache, sondern die – indirekte – Folge von Commitment ist: Commitment erhöht die Erfolgswahrscheinlichkeit, und Erfolg wiederum steigert die Zufriedenheit.
Nach den umfangreichen Daten von NFO Infratest aus mehr als 700 Unternehmen aller Branchen und Größen stellt "das Gehalt lediglich einen Hygienefaktor für das Mitarbeiter-Commitment dar" (S. 1): Es vermag, genau wie in Herzbergs genialem Modell vorhergesagt, Unzufriedenheit zu schaffen oder zu verhindern, aber es erzeugt weder Commitment noch Motivation. Die größte potenzielle Quelle von Unzufriedenheit ist dabei offenbar nicht die absolute Höhe des Gehalts, sondern es sind "die mit dem Gehaltsthema verbundenen Gerechtigkeitsaspekte" (S. 2). Das deckt sich mit meinen eigenen Erfahrungen: Selbst auf exzellent bezahlte Top-Berater kann es unglaublich demotivierend wirken, wenn sie sich bei der Vergabe des Jahresbonus im Vergleich zu ihren Kollegen ungerecht behandelt fühlen. Der absolute Abstand beispielsweise zu der Geschäftsführung eines mittelständischen Unternehmens spielt dagegen kaum eine Rolle. Und zwar interessanterweise auch für den Mittelständler nicht, sonst könnte es dort kaum zufriedene Mitarbeiter geben.
Der entscheidende Einflussfaktor auf das Commitment ist nach Margit Hubers Aussage die Qualität der Führung: "Eine von NFO Infratest durchgeführte repräsentative Untersuchung unter mehr als 36.000 Beschäftigten in Deutschland hat gezeigt, dass das Mitarbeiter-Commitment maßgeblich von der Qualität der Führung bestimmt wird." (S. 3) Übereinstimmend mit den mittlerweile ein dreiviertel Jahrhundert alten Erkenntnissen von Kurt Lewin wirkt sich dabei ein Laissez-faire-Führungsstil besonders katastrophal auf das Commitment aus: Von den so Geführten "weist (...) mehr als die Hälfte der Befragten ein derart niedriges Commitment mit ihrem Unternehmen auf, dass man eigentlich sagen müsste, dass diese Unternehmen ihre Mitarbeiter nicht mehr 'erreichen'." (S. 3) Doch auch ein autoritärer Führungsstil ist nicht die Lösung: Er hat "keinen eindeutigen Effekt auf das Commitment von Mitarbeitern." (S. 3) "Dagegen zeigt die Hälfte derjenigen Mitarbeiter, die ihre Vorgesetzten als führungsstark (mit hoher Sozialkompetenz sowie einem hohen Beitrag zum Unternehmenserfolg) erleben, auch ein sehr hohes Commitment gegenüber dem Unternehmen. Damit befinden sich diese Beschäftigten in einer Situation, in der sie sich mit hoher Wahrscheinlichkeit wie Erfolgsgaranten verhalten." (S. 3) Was sich wiederum positiv auf ihre Zufriedenheit auswirken dürfte – siehe oben.
Insgesamt ein sehr lesenswertes Editorial, das Margit Huber nur leider nicht den Raum bietet, ihre sehr prägnant zusammengefassten Befunde im Detail zu belegen – und wo man infolgedessen ausnahmsweise bedauert, dass die Autorin nicht eitel genug war, Hinweise auf ihre weiterführenden Veröffentlichungen zu geben.
|
Schlagworte:
Commitment, Engagement, Motivation, Leistungsmotivation, Zufriedenheit, Mitarbeiterzufriedenheit, Geld, Führung
|