Über weite Strecken kann man den Autoren zustimmen, wenn sie die Bedeutung der sozialen Kompetenz für Wirtschaft und Gesellschaft herausstreichen. Doch zu neuen Erkenntnissen führt es nicht. Dafür sind die Aussagen zu allgemein, zu unkonkret.
Dabei klingt manches, was Faix und Laier schreiben, bis in die Wortwahl hinein von individualpsychologischem Gedankengut inspiriert: "Soziale Kompetenz ... kann nur in der Gemeinschaft ausgebildet werden"; sie hat "immer etwas Allumfassendes, Totalitäres, Absolutes an sich: Kein Mensch kann in einem Lebensbereich sozial kompetenz sein und in anderen nicht." (S. 109) Auch wissen die Autoren sehr wohl zu unterscheiden zwischen sozialtechnologischen Oberflächen-Trainings und Ansätzen, die auf die Wurzeln des sozialen Verhaltens zielen. Doch mit der gleichen Begeisterung referieren sie ein ganzes Kapitel lang (eines von fünfen) die selbsternannten Verhaltensbiologen von Cube und Alshuth, ohne auch nur ansatzweise an deren Wissenschaftshochstapelei zu kratzen.
Recht vielversprechend davor das dritte Kapitel, in dem Faix und Laier über die "Räume sozialer Kompetenz" schreiben und auf acht Seiten durchaus interessante Überlegungen über die räumlichen und sozialen Rahmenbedingungen überlegener Übernehmenskulturen anstellen. Nach 25 Seiten über von Cube und Alshuth folgt dann das Schlusskapitel "Wege zur sozialen Kompetenz", das leider nicht hält, was es verspricht. Die Autoren nennen "vier Stufen" zur Verbesserung der sozialen Kompetenz:
1. Selbst-Bewusst-Sein als Mensch
2. Verantwortungs-Bewusst-Sein
3. Mündig-Sein
4. Selbst-Wirklich-Werden und sozial kompetent handeln. (S. 110 f.)
Diese Stufen werden jeweils ausführlich behandelt. Doch wie die Begriffswahl schon ahnen lässt, bleibt alles zu vage und ungreifbar, als dass sich konkrete Erkenntnisse ableiten liessen. Man liest es, ohne sich zum Widerspruch genötigt zu sehen, aber auch ohne deutliche Zustimmung und vor allem ohne Aha-Effekte: Ja, man kann das so sagen, oder auch anders, oder sonst irgendwie.
Doch das Thema konkreter Handlungskonsequenzen gehört nicht gerade zu ihren Hobbies - globale Aussagen ohne praktische Schlussfolgerungen scheinen ihnen mehr zu liegen. Dazu passt auch, dass sie freigiebig mit gängigen, aber letztlich unklaren Begriffen hantieren. So, wenn sie die "Dimensionen sozialer Kompetenz" darstellen (S. 63 f.). Da fallen unter den drei Hauptdimensionen "Umgang mit sich selbst", "Verantwortungsbewusstsein" und "Umgang mit anderen" reihenweise Begriffe wie Aufrichtigkeit, Kritikfähigkeit, Konfliktfähigkeit, Frustrationstoleranz und viele anderen mehr. Klar, da kann man nur dafür sein – ber was bedeutet es genau? Das erinnert fatal an das Diktum von Michael Löhner, dass "Menschen dazu neigen, sich mit anderen Menschen zu solidarisieren, die zwar auch nicht wissen, wovon sie reden, dafür aber die gleichen Worte benutzen." (Fairerweise muss man sagen, dass einzelne dieser Begriffe, z.B. Frustrationstoleranz, später zwar nicht definiert, aber zumindest erläutert und in Beispiel und Gegenbeispiel abgegrenzt werden. Dennoch ist eine solche Liste von Wörtern mit positiv-progressivem Bedeutungshof erst einmal eine Projektionsfläche, die jeder so interpretieren kann, wie es ihm behagt.)
Dazwischen finden sich Zitate, die allein den Kaufpreis des Buches wert sind. Zum Beispiel das Plakat aus einem (ungenannten) "großen Industrieunternehmen": "Kunden machen uns Arbeit. Zum Glück." Oder die Kreativitätshindernisse, die der amerikanische Kreativitätsforscher E. Paul Torrance identifiziert hat:
"* eine stark überbetonte Erfolgsorientierung verbietet es, probeweise zu handeln, Risiken auf sich zu nehmen, Fehler zu machen und selbst zu korrigieren
* Gruppendruck schränkt die schöpferischen Möglichkeiten des einzelnen ein
* die Gleichsetzung von 'abweichend' mit 'abnorm' kann kreatives Handeln von Beginn an verhindern
* eine zu starke Orientierung an der Uhr mit Nachdruck auf Schnelligkeit kann alle experimentierenden Fähigkeiten zu unterdrücken." (S. 51)
Oder, als absoluter Top-Hit, eine Liste der "obersten Bildungsziele", die voll auf soziale Kompetenz abhebt und ausgerechnet von dem bayerischen „Staatsinstitut für Schulpädagogik und Bildungsforschung“ stammt (aber leider zu lang ist, um sie hier wiederzugeben; S. 57). Es fällt auf, dass ich mir beim Lesen als (be-)merkenswerte Einsichten überwiegend Zitate angestrichen habe. Alles Übrige – siehe oben – ist zwar in aller Regel konsensfähig, vermittelt aber keine neuen Einsichten.
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