Die Umsetzungsberatung

Rezensionen

Gut aufbereitetes Grundwissen zu Eurex Futures und Optionen

Eck, Christian; Langer, Marcel; Riechert, Matthias (2006):

EUREX Futures und Optionen

Erfolgreich an der größten Terminbörse der Welt

FinanzBuch (München); 111 S.; 12,90 Euro


Nutzen / Lesbarkeit: 9 / 9

Rezensent: Winfried Berner, 28.07.2009

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Knappe, gut verständliche Einführung in jene Derivate, mit denen der Normalanleger spekulieren kann, wenn er seine Rendite aufbessern möchte, und dafür ein gewisses Risiko in Kauf zu nehmen bereit ist.

"Darüber hinaus stellt die Ansicht, dass Derivate hochspekulative Instrumente sind, die sich ausschließlich dazu eignen, mit großem Risiko zu 'wetten', eine grobe Verzerrung der Realität dar. (…) Auch heute, in einer Zeit, in der das Volumen aller gehandelten Derivate jährlich mehrere Billionen US-Dollar beträgt, wird nur ein verschwindend geringer Prozentsatz dieser Summe dazu verwendet, mit großem Risiko zu spekulieren. Die meisten Transaktionen im Bereich der Derivate werden durchgeführt, um sich gegen Risiken abzusichern beziehungsweise diese Risiken auf Marktteilnehmer zu übertragen, die sie übernehmen wollen oder die besser damit umgehen können." (S. 10) Im Zeichen einer Finanzmarktkrise, die nicht zuletzt durch den exzessiven und ungeregelten Handel mit Derivaten verursacht und verschärft wurde, wirken solche Aussagen beschönigend und verharmlosend.

Formal logisch rettet das "ausschließlich" den ersten Satz – wie sollten die Aktivitäten in einem 600-Billionen-Dollar-Markt (!!) aber auch ausschließlich einem einzigen Zweck dienen?! Doch mit der Behauptung, dass "nur ein verschwindend geringer Prozentsatz dieser Summe" für riskante Spekulationen verwendet würde, begeben sich die Autoren auf äußerst dünnes Eis. Es mag ja sein, dass viele Investoren, die Credit Default Swaps und ähnliche Derivate gekauft haben, keine hochriskanten Spekulationen eingehen wollten; klar ist aber, dass sie es getan haben. Wie sonst wäre zu erklären, dass viele Banken und Fonds heute auf Bergen von "Toxic Assets" sitzen, deren Zeitwert sie nicht beziffern dürfen, weil sie sonst im selben Moment insolvent wären? Wie sonst wäre zu erklären, dass das Gesamtvolumen der gehandelten Derivate das Weltsozialprodukt um ein Vielfaches übersteigt? Wenn es wirklich nur um die Absicherung geschäftlicher Risiken ginge, müsste das Verhältnis doch genau umgekehrt sein: Dann sollte die Summe der "Versicherungspolicen" doch deutlich geringer, maximal aber so groß sein wie die Summe der zu versichernden realwirtschaftlichen Risiken!
 
Sieht man von solchen beschönigenden und verharmlosenden Passagen ab, ist dieses schmale Büchlein zu loben: Auf rund 100 Seiten erklärt es Futures und Optionen besser als jede andere Quelle, die mir bislang in die Hände gekommen ist. Die Erklärungen sind im besten Sinne unprätentiös: Offenkundig wollen die Autoren nicht bewundert werden dafür, wie gut sie die nicht ganz unkomplexe Materie samt ihrer Fachsprache beherrschen, sondern sie wollen sie wirklich verständlich machen. Und das gelingt ihnen auch so gut, dass man sie bewundern muss dafür, wie gut sie diese komplexe Materie durchdrungen und aufbereitet haben.
 
Die Gefahr, dass man sich danach als Privatanleger auf hochriskante Wetten einlässt, ist begrenzt. Denn unsereiner hat ohnehin nur zu den geregelten Märkten – wie EUREX – Zugang, und selbst das nur auf dem Umweg über einen Broker, der letzten Endes für seine Bonität einstehen muss. Zu den wirklich riskanten OTC-Geschäften ("Over the Counter", also den direkten Wetten professioneller Zocker ohne Einschaltung eines Handelssystems) haben wir Laienspieler keinen Zugang; den haben nur die Laienspieler aus Banken, Fonds und anderen Institutionen. Für den Privatanleger weit gefährlicher als die in diesem Bändchen behandelten Futures und Optionsscheine sind die von vielen Banken aggressiv verkauften, mit wohlklingend-unverständlichen Namen verharmlosten Zertifikate ("Top Bonus Garantie …"), in denen abenteuerliche hochriskante Wetten enthalten sind, die auch ein sorgfältiger Käufer kaum erkennen kann.
 
Obwohl sie in den dümmlichen Risikobereitschafts-Einstufungen der Banken als hochspekulativ und riskant gelten, können vor allem Optionsscheine eine vergleichsweise risikoarme, defensive Strategie der Geldanlage sein, wenn sie als wohldosierte "Beimischung" eingesetzt werden. Nehmen wir etwa an, wir wollten in der momentanen Marktsituation 100.000 Euro langfristig zur Alterssicherung anlegen. Dabei schwanken wir zwischen drei Alternativen: (a) Das gesamte Geld in Bundesschatzbriefe oder in Festgelder bei relativ sicheren (!) Banken anzulegen, (b) es in Aktien zu investieren, oder (c) den Großteil in sichere Festgelder zu stecken, den Rest zur Renditesteigerung in Optionsscheine. Variante (a) bringt derzeit eine Verzinsung zwischen 0,5 und 2 Prozent – nicht wirklich hinreißend. Variante (b) ist weitaus riskanter als sie scheint, obwohl sie nach gängigen Einstufungen als mittleres Risiko gilt: Im besten Fall wird der Anleger von neuen Höhenflügen des Aktienmarktes profitieren; im ungünstigsten verliert er Hemd und Hose, weil der Markt nach der momentanen "Bärenmarktrally" noch ein, zwei oder dreimal sehr viel tiefer einbricht. Da niemand weiß, wie die Entwicklung weitergehen wird, ist Variante (b) unverantwortliches Glücksspiel, die, auf fünf Jahre gerechnet, mit einem Plus von 40 Prozent enden kann, aber auch, wie in der ersten "Great Depression", mit einem Minus von 80 oder sogar 90 Prozent.
 
Relativ konservativ und bedächtig lässt sich im Vergleich dazu Variante (c) an, obwohl sie mit Instrumenten operiert, die nach offiziellen Einstufungen als hochriskant und spekulativ gelten: Die sichere Festlegung von, sagen wir, 90 Prozent des Kapitals, in Verbindung mit dem Einsatz der restlichen 10 Prozent in zwei Wetten, die eine auf steigende und die andere auf fallende Kurse. Im einfachsten Fall ist das jeweils ein Paket von Optionsscheinen, die dazu berechtigen, einen bestimmten Index – etwa DAX, EuroStoxx oder Dow Jones Industrial Average – in ein paar Jahren etwa zum heutigen Preis zu kaufen ("Call") bzw. zu verkaufen ("Put"). Wetten sind das deshalb, weil wir damit auf künftige Kursentwicklungen spekulieren. Eines der Papiere wird mit Annäherung an den Fälligkeitstermin wertlos werden: Wenn die Kurse unter dem heutigen Niveau liegen, ist die Option, zu heutigen Preisen zu kaufen, nutz- und damit wertlos; wenn sie darüber liegen, ist eine Verkaufsoption zu heutigen Preisen uninteressant – doch um so wertvoller kann, vor allem bei starken Kursveränderungen, die jeweils andere Option geworden sein.
 
Ein kleines Problem gibt es bei dieser Strategie, falls sich die Börse in den nächsten Jahren seitwärts bewegt. Dann würde weder die Call- noch die Put-Option in die Gewinnzone kommen, sodass man beide Optionsscheine vorzeitig und vermutlich mit Verlust verkaufen würde. Aber selbst wenn sie die Hälfte ihres Werts einbüßen sollten, ist das Gesamtrisiko ungleich geringer als bei Variante (b) – und das Gewinnpotenzial ungleich höher als bei der ultravorsichtigen Variante (a). Zugleich erreicht der Anleger auf diese Weise mit einfachen Mitteln und zu ausgesprochen günstigen Preisen, was sich Banken teuer bezahlen lassen, nämlich eine (ungefähre) Garantie des eingesetzten Kapital, und zugleich ein erhebliches Gewinnpotenzial vor allem bei extremen Marktentwicklungen.
 
Je nach Geschmack kann man den Optionsanteil bei dieser Strategie auch noch etwas erhöhen und das Mischungsverhältnis variieren; entscheidend ist, dass der Großteil des Kapitals mit maximaler Sicherheit angelegt wird. Wer einen tiefen Crash erwartet, kann seine Gewinnchancen steigern, indem er die Put-Optionen übergewichtet; wer mit einer deutlichen Erholung rechnet, sollte mehr auf Calls setzen. Wer eine Stagnation etwa auf heutigem Niveau erwartet, könnte den Basispreis der Puts etwas niedriger und den der Calls etwas höher ansetzen; damit er in beiden Fällen zumindest "im Geld" ist. Und so weiter – entscheidend ist, dass man weiß, was man tut, sowohl auf der strategischen Seite als auch auf der handwerklichen, also bei der Auswahl der Optionsscheine, die zu den eigenen Annahmen passen. Bei der strategisch richtigen Einschätzung der Marktentwicklung kann einem solch ein Buch natürlich nicht helfen; dafür deckt es umso besser die handwerkliche Seite ab.
 
Nachdem die Autoren im ersten Kapitel kurz die EUREX erklärt haben, wenden sie sich im zweiten ausführlich den "Futures und Forwards" zu. Das sind im Grunde ganz normale Kaufverträge, nur dass der Erfüllungstermin, zu dem das Wertpapier zu einem bestimmten Preis geliefert bzw. abgenommen werden muss, in der Zukunft liegt. Sie erläutern, wie sich die Preise solcher Kontrakte bestimmen und wie Arbitrageure für eine faire Preisbildung sorgen, und sie erklären, wie Aktien- und Zinsfutures in der Praxis funktionieren. Das dritte Kapitel bringt umfangreiche Erläuterungen zu Optionen, der für Privatanleger vermutlich wichtigsten Derivate-Kategorie. Im Gegensatz zu Futures und Forwards kauft (bzw. verkauft) man mit ihnen kein Produkt, sondern das Recht, ein bestimmtes Produkt zu einem bestimmten Termin zu kaufen (oder zu verkaufen). Für Einsteiger sehr nützlich, dass sie nicht nur die wichtigsten Kennzahlen ("Die Griechen") – mit Ausnahme des Omega – erklären, sondern auch eine Reihe von "kombinierten Optionsstrategien" vorstellen. Den Abschluss bildet ein kurzes Kapitel "Handeln an der EUREX", unter anderem mit dem wichtigen Hinweis: "Keine Order ohne Limit!"

Schlagworte:
Derivate, Futures, Forwards, Optionen, Optionsscheine, Geldanlage, Spekulation

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