Die Umsetzungsberatung

Rezensionen

Meme als die Kernelemente und Treiber der Kultur

Blackmore, Susan (1999):

The Meme Machine

With a Foreword by Richard Dawkins

Oxford University Press (Oxford); 264 Seiten; 8,40 Euro 9780192862129


Nutzen / Lesbarkeit: 10 / 10

Rezensent: Winfried Berner, 31.08.2011

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Eines jener seltenen Bücher, die man mit grundlegend neuen Einsichten aus der Hand legt: Dass wir mindestens ebenso im Dienste unserer "Meme" stehen wie in dem unserer Gene und dass diese Meme die Grundbausteine von Kultur und deren Treiber sind.

"The Meme Machine" ist in gewisser Weise eine Fortsetzung von Richard Dawkins' Klassiker "The Selfish Gene". In diesem – vermutlich aufgrund freier Assoziation über den Titel – häufig grob missdeuteten Werk behauptet Dawkins keineswegs, dass Egoismus in unseren Genen liege und damit "natürlich" sei, sondern er legt dar, dass die ("egoistischen") Gene die eigentlichen Treiber der Evolution sind: Sie nutzen ihre Träger als Transportmittel (vehicles) in ihre Zukunft. Für Dawkins besteht die Evolution im Kern darin, dass sich Gene durch Replikation verbreiten und zu diesem Zweck möglichst viele erfolgreiche Nachkommen produzieren – und dass diejenigen, die das am erfolgreichsten tun, ihren "Marktanteil" am Genpool steigern. Am Ende seines Werkes entwickelt Dawkins eine bemerkenswerte Verallgemeinerung: Er stellt fest, dass DNA nur eine mögliche Variante der Replikation sei, und wirft die Frage auf, ob es auch andere Formen der Replikation gebe. Und beantwortet sie mit der Feststellung, dass sich zum Beispiel auch Gedanken, Rituale, Melodien, Moden etc. über Replikation verbreiten. Ihr Replikationsmechanismus sei nicht genetischer Code, sondern Imitation. In bewusstem Anklang an die Gene nennt er diese Elemente der Replikation Meme.

Diesen faszinierenden Gedanken greift Susan Blackmore in ihrem flott geschriebenen (und auch für Non-Natives gut lesbaren) Buch auf und führt ihn weiter. Die britische Psychologin und Physiologin hat nicht nur die Gabe, sehr klar und konsequent zu denken, sondern auch die Fähigkeit, ihre Gedanken in einer schlichten, unprätentiösen Sprache zu artikulieren – so schlicht, dass manche Amazon-Rezensenten die Tragweite ihrer Gedanken und die Sorgfalt ihrer Durcharbeitung offenbar unterschätzten und das Buch als "zu ausführlich" kritisierten. Doch ich habe auf den 250 Seiten nichts gefunden, was ich als Redundanz oder Abschweifung empfunden hätte. Aber man muss wohl den Stand der soziobiologischen und evolutionsphilosophischen Diskussion im Groben kennen, um richtig einordnen zu können, weshalb sie auf manche Aspekte und Argumente relativ detailliert eingeht.

Die Soziobiologie und Evolutionspsychologie haben aufgezeigt, dass sich viele rätselhafte Aspekte des menschlichen Denkens, Fühlens und Handelns plötzlich ganz schlüssig erklären lassen, wenn man sie aus der evolutionären Perspektive ihres Anpassungsnutzens betrachtet. So ist keineswegs kalter Egoismus die beste Strategie, für die Verbreitung der eigenen Gene zu sorgen, sondern etwa die Fürsorge für Kinder und Verwandte, aber auch kooperatives Verhalten gegenüber Fremden bis hin zu freiwilligen Vorleistungen im Vertrauen darauf, dass sie erwidert werden ("reziproker Altruismus"). Denn in einer kooperativen Gesellschaft sind letztlich alle besser dran – jedenfalls sofern sie dazu in der Lage ist, Trittbrettfahrer zu identifizieren und zu sanktionieren.

Doch trotz ihres hohen Erkenntniswerts gibt es Phänomene, die Verhaltensökologie und Evolutionspsychologie nicht erklären können: Die Adoption etwa, wo Individuen hohe Kosten und potenziell einen Fitness-Nachteil auf sich nehmen, ohne irgendeine "Rückzahlung" erwarten zu können; der Schutz und die Pflege von Tieren, die sich dafür kaum erkenntlich zeigen können, oder auch, dass sich manche Menschen in den Dienst einer Sache stellen, was sie viel Zeit, Geld und möglicherweise sogar ihr Leben kostet, und darüber ihre biologische Familie vernachlässigen, dass manche um ihrer Religion willen zölibatär leben, andere sich um ihrer Überzeugungen willen mit ihrer biologischen Familie überwerfen … – so manches, worauf Menschen substanzielle Zeit und Energie verwenden, ergibt keinerlei Sinn, wenn es nur darum geht, die eigenen Gene zu verbreiten.

Es könnte dagegen Sinn ergeben, wenn es neben den Genen noch einen "zweiten Replikator" gäbe, der ebenfalls auf das menschliche Handeln von Menschen Einfluss nimmt, aber nicht unbedingt im gleichen Sinne wie die Gene. Was sich im ersten Moment wie eine etwas waghalsige, überzogene Metapher anhört, entpuppt sich als bahnbrechender Gedanke: Es ist der Schritt von der speziellen zur allgemeinen Evolutionstheorie. Eigentlich, so arbeitet Susan Blackmore im Kapitel "Universal Darwinism" heraus, ist das Entscheidende an der Evolution nicht die Genetik (von denen Darwin ohnehin nie gesprochen hat, weil sie zu seiner Zeit noch gar nicht bekannt waren), sondern das Zusammenwirken von drei Elementen, nämlich Variation, Selektion und Speicherung ("retention").

Wo immer diese drei Elemente zusammentreffen, entsteht eine schrittweise Optimierung der Anpassung, ohne dass ein intelligenter steuernder Eingriff erforderlich ist: Die Variation sorgt dafür, dass überhaupt unterschiedliche Varianten zur Wahl stehen; die Selektion begünstigt die Verbreitung der "Fittesten" (d.h. der am besten an ihre Lebensbedingungen Angepassten), und die "Speicherung" sorgt dafür, dass die "fitteren" Varianten an nachfolgende Generationen weitergegeben werden. Das funktioniert unabhängig von den Mechanismen, die dabei zum Einsatz kommen; es spielt also keine Rolle, ob zum Beispiel die Variation durch Genmutationen oder ungenaue Nachahmung erfolgt oder ob die erfolgreicheren Varianten im Erbgut oder sonst wo gespeichert werden. Alle drei Bedingungen sind, so Blackmore, auch bei den Memen erfüllt.

Allerdings gilt das (bislang) nur für den Menschen, weil er eine Besonderheit hat, die uns in aller Regel gar nicht bewusst ist, nämlich die Fähigkeit, andere nachzuahmen. Was uns so mühelos und selbstverständlich vorkommt, ist, wie Blackmore darlegt, ein äußerst komplexer und anspruchsvoller Vorgang: Wir müssen dafür nicht nur sehr genau beobachten, sondern auch die relevanten Muster aus der Vielzahl der beobachteten Bewegungen und Abläufe extrahieren und sie so in unser eigenes Verhalten transponieren, dass tatsächlich das Entscheidende nachgeahmt wird und nicht irgendwelche Nebensächlichkeiten. Schon Babies besitzen diese Fähigkeit – im Gegensatz zu allen anderen Tieren, von denen keines seine Artgenossen nachahmt und denen man dies auch nicht beibringen kann.

Diese unscheinbare Fähigkeit zur Nachahmung gibt uns nicht nur die Möglichkeit, Babies zu necken und uns über andere lustig zu machen, sondern sie ist ein ungeheurer Effizienzbeschleuniger. Wer sie besitzt, muss bessere Anpassungen nicht mehr selbst erfinden – es genügt, diejenigen nachzuahmen, die sie erfunden (oder sich abgeschaut) haben. Sobald die Imitation in der Welt war, muss daher ein ungeheurer Selektionsdruck entstanden sein, ein guter Nachahmer zu sein und insbesondere die jeweils Erfolgreichen nachzuahmen. So entstand eine "sexual selection for imitation" (S. 79), das heißt es wurde sinnvoll, die besten Nachahmer als Partner zu bevorzugen, weil dies die besten Entwicklungsbedingungen für die – hoffentlich ebenfalls nachahmungsbegabten – Nachkommen versprach: "Meme-driven sexual selection will favour mating with males who are not only good at imitating in general, but who are good at imitating whatever happen to be the favoured memes at that time." (S. 80)

Als "Meme" definiert Blackmore alles, was durch Nachahmung weitergegeben wird. Das können Arbeitstechniken ebenso sein wie Jagdstrategien, Lebensregeln ebenso wie Kleidungsmoden. Doch nicht alles, was gelernt wird, ist ein Mem, sondern nur das, was durch Nachahmung weitergegeben wird: "Much of what we learn, we learn only for ourselves and cannot pass on." (S. 45) Genau wie Gene können sich auch Meme zu "Memplexen" bündeln – und dazu kommt es immer dann, wenn die Wahrscheinlichkeit der Weitergabe im "Gesamtpaket" größer ist als für die beteiligten Meme alleine. Beispiele für Memplexe sind Religionen, Weltbilder, aber auch wissenschaftliche Schulen: Der Glaube an einen Ödipuskomplex zum Beispiel pflanzt sich vermutlich im Kontext der psychoanalytischen Theorie erfolgreicher fort als als alleinstehendes Mem.

Zunächst stand die Fähigkeit zur Nachahmung ebenso wie jede andere Anpassung im Dienste der Verbreitung der Gene. Doch nachdem dieser "second replicator" einmal in der Welt war, begann er, ein Eigenleben zu führen und sich mehr und mehr von der Leine der biologischen Anpassung zu lösen. Für Blackmore war das der Beginn der Evolution der Kultur, das heißt der Beginn einer allmählichen Ablösung des Menschen von seiner evolutionsbiologischen Bestimmtheit. Denn die Meme stehen in ganz ähnlicher Weise im Wettbewerb wie die Gene: Es gibt "far more memes that can possibly find homes" (S. 37) – also gehen viele Meme unter, und es breiten sich diejenigen aus, die es schaffen, kopiert zu werden. (Wichtig ist zu sehen: Genau wie bei den Genen muss dafür kein bewusstes Wollen, keine "Absicht" oder gar eine Personifikation der Meme unterstellt werden – um die beschriebene Dynamik auszulösen, reicht es, das manche Meme, aus welchen Gründen auch immer, häufig und andere seltener oder gar nicht kopiert werden. Dann ist die zwangsläufige Folge, dass manche Meme nach einiger Zeit häufiger, andere seltener und wieder andere ganz verschwunden sein werden.)

Der Wert einer neuen wissenschaftlichen Theorie bestimmt sich daraus, ob sie Dinge besser erklären (bzw. vorhersagen) kann als die bisherigen Theorien und ob sie Dinge erklären kann, die bislang nicht befriedigend erklärt (bzw. vorhergesagt) werden konnten. Spannend wird es also dort, wo die neue Theorie der "Memetik" zu anderen Vorhersagen kommt als die Soziobiologie bzw. Verhaltensökologie. Die können zum Beispiel nicht erklären, weshalb die Kinderzahl mit steigendem Wohlstand nicht zunimmt, sondern sinkt. Denn wenn es vor allem darum geht, den Marktanteil der eigenen Gene in künftigen Generationen zu steigern, dann sollten Wohlhabende ihr Vermögen eigentlich einsetzen, um durch möglichst viele Kinder zu möglichst vielen Enkeln zu kommen. Doch das tun sie, von Ausnahmen abgesehen, ganz offensichtlich nicht. Die Memetik hingegen kann plausibel erklären, weshalb das Mem eines "selbstverwirklichten Lebens" mit anspruchsvollem Beruf, vielfältigen Hobbies und Reisen, aber allenfalls wenigen Kindern häufiger nachgeahmt wird als das der Großfamilie. Denn während die Kinderreichen mit ihrem Nachwuchs beschäftigt sind und sich allenfalls mit anderen Kinderreichen austauschen, stehen die "Jetsetter" in vielfältigen Austauschbeziehungen und verbreiten so ihr Modell eines glücklichen und erfüllten Lebensstils.

Das Beispiel zeigt, dass es Interessenkonflikte zwischen den beiden Replikatoren geben kann – und dass dabei keineswegs der historisch Ältere automatisch als Gewinner gesetzt ist. Je erfolgreicher das Mem eines selbstverwirklichten Lebens und einer erfolgreichen berufstätigen Frau ist, desto mehr geht dies zu Lasten der Gene, mit der Folge, dass der Marktanteil der Mem-Träger am Genpool gegenüber jenen Völkern und sozialen Schichten sinkt, deren Lebensmodell vor allem auf Reproduktion gerichtet ist. Das kann sarrazin'sche Ängste auslösen, doch die Aufgabe der Wissenschaft ist nicht, Entwicklungen zu bewerten, sondern sie zu erklären und ihre innere Logik transparent zu machen.

Eine plausible Erklärung liefert die Memetik auch für jene Formen des Altruismus, von denen weder eine materielle Gegenleistung (reziproker Altruismus) noch ein indirekter Nutzen für die eigenen Gene (Verwandtenselektion) zu erwarten ist. Wenn etwa die Angehörigen einer Religionsgemeinschaft sich gegenseitig unterstützen oder ein Professor seinen besten Schülern bei ihrer akademischen Karriere hilft, ist das aus Sicht des ersten Replikators nutzlose Verschwendung, aus Sicht des zweiten hingegen ein überaus wertvoller Beitrag zu dessen Verbreitung. Wer seine "Geistesverwandten" unterstützt, ist daher genau so im Dienste seiner Meme unterwegs wie jemand, der in seiner Freizeit politisch tätig ist, sich zölibatär in den Dienst seines Glaubens stellt oder am Stammtisch für seine Überzeugungen kämpft. Auf diese Weise werden auch kulturelle Entwicklungen plausibel.

Allerdings drängt sich hier noch mehr als bei der Soziobiologie die Frage auf, wer in diesem Zusammenspiel eigentlich Herr und wer Knecht ist: Wählen wir unsere Meme, oder nutzen die Meme uns in ähnlicher Weise als Vehikel in ihre Zukunft wie es die Gene tun? Die feste Überzeugung, Herren im eigenen Haus zu sein, haben ja die allermeisten Menschen – aber das beweist letztlich wenig. Wie viele unserer Meinungen haben wir tatsächlich frei gewählt, wie viele bloß aus unserem Elternhaus, unserer Ausbildung oder unserer sozialen Umgebung übernommen? Aber noch mehr: Die Überzeugung, Herr im eigenen Haus zu sein, könnte ja selbst bloß ein Mem sein, das wir übernommen haben, möglicherweise Teil eines größeren "Memplexes", der mit unserem Selbst- und Weltbild zu tun hat.

Blackmore wagt es, sich diesen durchaus beunruhigenden Gedanken zu stellen und sie zu Ende zu denken. Im vorletzten Kapitel "The ultimate memeplex" kommt sie zu dem Ergebnis, dass auch unser Bewusstsein und Selbst-Bewusstsein nur ein Memplex ist: "The inner self who does things is an illusion." (S. 228) Sie nennt das den "Selfplex" – und in der Tat neigen wir ja dazu, uns stark mit unseren Überzeugungen zu identifizieren: "This suggests that memes can gain advantage by becoming associated with a person's self concept. It does not matter how they do this – whether by raising strong emotions, by being especially compatible with memes already in place, or by providing a sense of power and attractiveness – they will fare better than other memes. These successful memes will more often be passed on (…) In this way our selfplexes are all strengthened." (S. 232)

Das ist harter Tobak selbst gemessen an den narzisstischen Kränkungen, die uns Soziobiologie und Verhaltensökologie bereits zugemutet haben. Es war ja schon happig genug, als der geniale Zuspitzer Dawkins aufzeigte, dass "wir" nur die Transportmittel sind, die unsere Gene herstellen, um mit uns in ihre Zukunft zu fahren – und um uns alt und verbraucht zurückzulassen, sobald wir unseren Zweck erfüllt haben. Aber nun stellt Blackmore auch noch das bisschen Selbst in Frage, das nach Evolutionstheorie und Verhaltensökologie noch übrig geblieben ist: "Now we have a radically new idea of who we are. Each of us is a memeplex running on the physical machinery of a human body and brain – a meme machine." (S. 235) Ich gebe zu, dass mir (wer ist das eigentlich? Der Selfplex, in dessen Diensten ich gerade wieder einmal tätig bin?) diese Schlussfolgerung nicht schmeckt. Aber mir fallen keine Argumente ein, die ich gegen diese Sichtweise vorbringen könnte, ohne mich vor mir selber (??) lächerlich zu machen.

Interessant ist, was Blackmore aus dieser einigermaßen trostlosen "Selbsterkenntnis" macht. Nachdem sie auch noch aufgezeigt hat, dass unsere Entscheidungen in Computertomographien nachweisbar sind, bevor wir meinen, sie getroffen zu haben (sie lässt wirklich nichts übrig!), schlägt sie vor, genau dies als Entlastung zu begreifen: "If we take memetics seriously then the 'me' that could do the choosing is itself a memetic construct: a fluid and ever-changing group of memes installed in a complicated meme machine. The choices made will all be a product of my genetic and memetic history in a given environment, not of some separate self that can 'have' a life purpose and overrule the memes that make it up." (S. 241f.) Wenn das so ist, können wir uns nach ihrer Überzeugung die Mühen und Qualen des Entscheidens auch sparen und sie einfach "dem System" überlassen. Es wird sie auf eine mühelose und unspektakuläre Weise selbst treffen, und zwar auf eine Weise, die zu "uns" passt und konsistent mit unserer "Persönlichkeit" ist. (Es wackeln wirklich die Fundamente.)

"Life is really possible without hope", resümmiert sie trocken. "The result of this way of living seems somewhat counter-intuitive; that people become more decisive rather than less. On a second look this is not so surprising after all. From the memetic point of view the selfplex is not there to make the decisions, or for the sake of your happiness, or to make your life easier; it is there for the propagation of the memes that make it up. Its demolition allows more spontaneous and appropriate action. Clever thinking brains, installed with plenty of memes, are quite capable of making sound decisions without a selfplex messing them up." (S. 245)

Deshalb, so schließt sie ihr Buch: "Memetics thus brings us to a new vision of how we might live our lives. We can carry on our lives as most people do, under the illusion that there is a persistent conscious self inside who is in charge, who is responsible for my actions and who makes me me. Or we can live as human beings, body, brain, and memes, living out our lives as a complex interplay of replicators and environment, in the knowledge that that is all there is. Then we are no longer victims of the selfish selfplex. In this sense we can be truly free – not because we can rebel against the tyranny of the selfish replicators but because we know that there is no one to rebel." (S. 246)

Nach diesen letzten Kapiteln war mir erst mal schwindlig, und davon habe ich mich noch nicht ganz erholt, obwohl "ich" inzwischen ein paar schöne Tage im Nationalpark Berchtesgaden und an der Salzach verbracht habe. Vor allem bei den letzten beiden Kapiteln, die ich hier ausführlich wiedergegeben habe, bin ich mir noch nicht sicher, ob diese Sichtweise logisch zwingend oder nur eine mögliche Interpretation der Datenlage ist. Aber ich bewundere Susan Blackmore für den Mut und die geistige Kraft, solche Gedanken zu Ende zu denken, gleich wohin sie führen. Zwar wirft ihr Ergebnis große Probleme auf: Wenn sie Recht hat, verlieren Konzepte wie Verantwortlichkeit ihr Fundament. Aber es ist weder wissenschaftlich zulässig noch praktisch sinnvoll, eine Theorie bloß deshalb zu verwerfen, weil sie zu unerwünschten Konsequenzen führt. Doch selbst wenn sie in dieser letzten Konsequenz Unrecht haben sollte, hat ihr Buch doch das große Verdienst, denjenigen ihrer Leser, die nicht vorher aussteigen, neue Perspektiven zu eröffnen und sie wirklich zum Nachdenken zu bringen. Und das ist wohl das größte Kompliment, das man einem Buch machen kann.

Einen ersten Eindruck von Susan Blackmore und ihren Gedanken können sich Interessierte in einem 20-Minuten-Film bei TED verschaffen: http://www.ted.com/talks/susan_blackmore_on_memes_and_temes.html

Schlagworte:
Evolutionspsychologie, Soziobiologie, Verhaltensökologie, Memetik, Kultur, Kulturentwicklung, Bewusstsein, Selbstbild

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