Die Umsetzungsberatung

Rezensionen

Was von einem der wildesten Alpenflüsse geblieben ist

Pfeuffer, Eberhard (2010):

Der Lech



Wißner (Augsburg); 184 Seiten; 29,80 Euro


Nutzen / Lesbarkeit: 10 / 10

Rezensent: Winfried Berner, 09.08.2012

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Einer der schönsten Bildbände, der mir in den letzten Jahren in die Hände gekommen ist. Keine "Naja-Aufnahmen", sondern großartige Fotos: Eindrucksvolle Landschaften ebenso wie Nahaufnahmen von Pflanzen und Tieren; sachkundiger und gut lesbarer Text.

Auch wenn bei einem so exzellent bebilderten Buch der erste Reflex natürlich zum Betrachten der Fotos geht, lohnt es sich, auch den Text zu lesen: Der Augsburger Arzt Dr. Eberhard Pfeuffer war Vorsitzender des Naturwissenschaftlichen Vereins Schwaben und gilt als einer der besten Kenner des Lechs. Und er ist nicht nur ein exzellenter Fotograf, sondern besitzt darüber hinaus auch die Gabe, klar und verständlich zu schreiben. Sein Text macht die erdgeschichtliche Entstehung des Lechs ebenso anschaulich wie die Flora und Fauna der Lechregion, die frühe Besiedelung ebenso wie den – leider fast vergeblichen – Kampf gegen die Zerstückelung dieses großen und einstmals wilden Flusses durch Kraftwerke und Staustufen.

Durch diesen Bildband habe ich gelernt, den Lech mit anderen Augen zu sehen. Bisher habe ich ihn für eine "Flussleiche" gehalten, für einen Kadaver, den man nach verlorener Schlacht achtlos und enttäuscht zurücklässt, weil er nichts mehr zu retten ist: Durch insgesamt 30 Kraftwerke und 24 Staustufen ist der mittlere und untere Lech zwischen dem (für energiewirtschaftliche Zwecke künstlich angelegten) Forggensee und seiner Mündung in die Donau bei Rain zerschnitten. Es gibt keinen Fluss in ganz Europa, der derart zerhäckselt und denaturiert worden ist.

Umso mehr hat mich Pfeuffers letztes Kapitel angerührt. Schon in der Überschrift "Was geblieben ist" schwingt die Trauer mit über das, was zerstört wurde, aber eben auch die Erleichterung, dass nicht alles kaputt ist. Zwar lässt der ebenfalls von Eberhard Pfeuffer herausgegebene Bildband "Der ungebändigte Lech – Eine verlorene Landschaft in Bildern" erahnen, welches Weltnaturerbe wir da verloren haben. Aber es nützt weder dem Lech noch uns, wenn wir uns in trotziger Trauer eingraben – sowohl der Natur als auch den Menschen dient es mehr, zu entdecken, "was geblieben ist", und dieses Verbliebene zu schätzen – und zu schützen.

Denn die nächsten Angriffe auf die wenigen verbliebenen freien Fließstrecken rollen schon: Die Energiewende muss als Legitimation für den Versuch herhalten, die letzten möglichen Staustufen am Lech auch noch durchzusetzen. Wer den unteren und mittleren Lech abgeschrieben hat, hat keine Kraft und letztlich auch keinen Grund mehr, sich dieser Zerstörung in den Weg zu stellen. Wer dank der Lektüre dieses Buchs – bei aller Trauer über das Verlorene – den Wert des Verbliebenen erkennt, wird sich dafür einsetzen, wenigstens diesen Rest zu erhalten.

Schlagworte:
Lech, Alpenflüsse, Gewässerökologie, Landschaft, Flusssysteme, Wasserkraft, Staufstufen, Umweltzerstörung

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