Viele gute und ungewöhnliche Tipps, wie man in Zeiten niedriger Zinsen und schleichender Inflation den Wert seines Vermögens bis ins Alter und ggf. über den Tod hinaus sichern kann. Leider ist die Neutralität der Empfehlungen zumindest fraglich.
Wer heute als Selbständiger oder Unternehmer seine Alterssicherung aufbaut, steht unweigerlich vor dem Problem, wie er in Zeiten extrem niedriger und dann noch steuerpflichtiger Zinsen nicht nur den Nominalwert, sondern auch die Kaufkraft seiner Rücklagen erhalten kann. Denn angesichts einer hohen Staatsverschuldung besteht für fast alle Industriestaaten die Versuchung, sich ihrer Schulden durch eine schleichende Enteignung ihrer Bürger zu lösen: Sie behalten ihre Ersparnisse, nur deren Kaufkraft wird von Jahr zu Jahr etwas geringer. So haben wir uns längst daran gewöhnt, bei Preisangaben in Euro das gleiche Bezugssystem anzuwenden wie früher bei der D-Mark – nur dass der Euro einmal fast zwei Mark wert war, sodass die Preise eigentlich nur halb so hoch sein dürften.
Aber auch Angestellte und Beamte sollten sich nicht zu sicher sein. Zwar hat Norbert Blüm immer wieder beteuert: "Die Renten sind sische", aber über ihre Höhe und Kaufkraft hat er nichts gesagt. Seit Jahren drucken die Notenbanken der USA, Europas und Japans Geld wie verrückt. Da der wachsenden Geldmenge aber keine ähnlich schnell gewachsene Gütermenge gegenüber steht, ist ein Wertverlust des "Fiat Money", des nicht durch reale Werte gedeckten Geldes, auf lange Sicht überaus wahrscheinlich. Momentan wird er noch durch eine stark zurückgegangene Umlaufgeschwindigkeit des Geldes gebremst. Aber das wird nicht ewig so bleiben. Und dass es den Notenbanken gelingt, die Geldmenge bei einem Anziehen des Geldumlaufs rasch wieder zu reduzieren, ist nicht mehr als eine – ziemlich fragwürdige – Hoffnung.
Unter diesen Umständen bleibt Anlegern im Grunde nur die Flucht in Sachwerte, wenn sie nicht riskieren wollen, im Alter wesentlich weniger Kaufkraft zu Verfügung zu haben als sie geplant hatten. Und zwar zweckmäßigerweise nicht in solche, die extrem zyklisch sind, wie Schiffe, Flugzeuge oder Gewerbeimmobilien. Der klassische Sachwert ist Grund und Boden, gleich ob bebaut oder unbebaut. Aber Immobilien haben neben dem unvermeidlichen Betreuungsaufwand den Nachteil, dass sie immobil sind – und damit der Willkür der jeweiligen Landesherren nahezu schutzlos ausgeliefert. Es ist daher zumindest ratsam, nicht alles auf eine Karte zu setzen, sondern zu diversifizieren. Dafür gibt es im Wesentlichen zwei Möglichkeiten: Aktien – das heißt Anteile am Produktivvermögen – und Rohstoffe ("Commodities"), was sich für Privatleute hauptsächlich auf Edelmetalle reduziert, denn mit Öl, Weizen und Schweinebäuchen handelt man sich nicht nur hohe Lagerungskosten ein, sondern ebenfalls ein Problem der Wertaufbewahrung.
Markus Miller konzentriert sich in seinem Buch, wie der Titel schon sagt, auf Edelmetalle, wozu neben Gold und Silber, auch Platin und Palladium sowie die ganze Gruppe der Metalle zählt, die kurioserweise als "seltene Erden" bezeichnet werden. Und von diesem Thema versteht der gelernte Bankkaufmann und studierte "Vermögensmanager" wirklich etwas. Dabei ist er eindeutig den "Praktikern" zuzurechnen: Theoretische Analysen sind seine Sache nicht, auch wenn er das nicht so recht wahrhaben will. Seine volkswirtschaftlichen Ausführungen kann man getrost überblättern, aber mit den Anlagealternativen und der Anlagepraxis kennt er sich aus. Dort hat er offenbar wirklich jeden Stein umgedreht und jede Handlungsoption recherchiert. Und er liefert eine Fülle von wertvollen Anregungen und konkreten Handlungsempfehlungen, auch wenn man sich am Ende doch selber seinen Reim auf das alles machen muss.
Allerdings ist das Buch unübersichtlicher und teilweise verwirrender als es sein müsste. Zwar scheint es mit seinen fünf Teilen und rund 60 – zum Teil sehr kurzen – Kapiteln klar gegliedert, doch hat man (bzw. hatte ich) den Eindruck, immer wieder an den gleichen Aussagen vorbeizukommen. Es wirkt, als sei das Buch aus einer Vielzahl separat erschienener Einzelveröffentlichungen zusammengebaut worden, ohne die Redundanzen zu beseitigen. Auch verwirrt die Vielzahl der Top-Empfehlungen. Kaum hat man eine aufgenommen, durchgearbeitet und beschlossen: "Ja, das mache ich!", folgt die nächste – und zwar mit der gleichen Überzeugungskraft und Eindringlichkeit. Wenn man am Ende bei seinem persönlichen "Fort Knox für Edelmetalle" angekommen ist, ist einem eher leicht schwindlig als dass man ein klares Bild davon hätte, was nun konkret die nächsten Schritte sein sollten. Ein strengeres Lektorat, das auf mehr Systematik und weniger Redundanz drängt, hätte hier gut getan.
Trotzdem verdanke ich diesem Buch eine ganze Reihe wertvoller Gedanken und Tipps, von denen jeder Einzelne den Kaufpreis dieses Buchs um ein Vielfaches übersteigt. Auch wenn die gewonnenen Einsichten je nach Vorkenntnissen unterschiedliche sein werden, nenne ich hier mal einige, die für mich wichtig waren. Da ist ganz weit vorne der Gedanke, gedanklich zu trennen zwischen Strategien zum Überstehen einer akuten Krise und der Vorbereitung auf die Zeit nach der Krise. In der akuten Krise, zum Beispiel während einer galoppierenden Inflation oder bei einem Währungsschnitt, dürften kleinere Silbermünzen, Konserven, Schnaps und Zigaretten als Tauschmittel nützlicher sein als große Gold- und Silberbarren. Nach der Krise, wenn keiner mehr das Corned Beef sehen kann, ist es umgekehrt.
Ausgesprochen wertvoll fand ich auch den Gedanken, dass es keineswegs optimal ist, all seine metallenen Schätze in unmittelbarer physischer Reichweite zu lagern. Das Prinzip des direkten Zugriffs gilt nur für die unmittelbare Zeit einer tiefgreifenden Krise; für die Zeit nach der Krise ist es klüger, sie auf diverse mutmaßlich sichere Länder bzw. auf Tresore außerhalb des eigenen Landes zu diversifizieren. Denn das Gold im heimischen Tresor nutzt einem wenig, wenn man – aus welchen Gründen auch immer – gezwungen war oder es für ratsam hielt, das Land zu verlassen.
Sehr handfest und ausgesprochen wertvoll fand ich weiterhin den Tipp, Edelmetalle, für die in Deutschland Mehrwertsteuer fällig wird, völlig legal in internationalen Zollfreilagern aufbewahren zu lassen. Wenn sie aus diesem Lager auch wieder verkauft werden, fällt keine Steuer an. Anders ist es nur, wenn man sie sich physisch ausliefern lässt, aber daran hat man in der Regel gar kein wirkliches Interesse, nicht nur, weil das erhebliche Lagerungs- und Sicherungsprobleme aufwirft, sondern auch, weil – was ich auch nicht wusste – die physische Auslieferung unmittelbar zu einem Wertverlust führt, weil beim Verkauf eine Prüfung der Echtheit erforderlich wird. – Solche und ähnliche Tipps prägen das Buch: Überaus nützlich, auch wenn man Manches querlesen kann.
Kritisches Mitdenken bleibt trotzdem geboten, denn nicht jede Empfehlung des Autors finde ich restlos überzeugend. So rät Miller mehrfach, Edelmetalle nach Möglichkeit gegen Bargeld zu kaufen, um keine Spuren auf seinen Bankkonten zu hinterlassen, die auf Edelmetallbesitz deuten. Ein anonymer Barkauf ist nach dem Geldwäschegesetz bis zu einem Höchstbetrag von (noch) 15.000 Euro pro Kauf zulässig. Er soll laut Miller vor dem Zugriff bei einer eventuellen Besteuerung oder einem Verbot privaten Goldbesitzes schützen. Aber wenn die Politik tatsächlich einmal beschließen sollte, rückwirkend alle einschlägigen Überweisungen zu erfassen, sehe ich nicht, was sie daran hindern sollte, auch wiederkehrenden hohen Barabhebungen nachzuspüren.
Ähnlich ist es mit Auslandskonten, die Miller auch dem kleinen und mittelgroßen Mann dringend ans Herz legt. Wer den totalen Kontroll- und Überwachungsstaat fürchtet, muss in seinem Pessimismus schon sehr optimistisch sein, um zu hoffen, ihn mit solchen Mitteln austricksen zu können. Zwar ist natürlich alles denkbar, aber zumindest müsste man ins Kalkül ziehen, dass ein solches Vorgehen auch Risiken hat: Auch wenn es bis auf Weiteres völlig legal ist, Schweizer, Liechtensteiner oder Luxemburger Konten zu besitzen, könnte das doch das Misstrauen allfälliger Fahnder wecken und ihren sportlichen Ehrgeiz anstacheln. Selbst wenn alles legal ist und es keinerlei Interpretations- und Ermessensspielräume gäbe, würde ich mir dreimal überlegen, ob ich ohne Not das Misstrauen von Zoll- und Steuerfahndung auf mich ziehe. Und wenn eine Überprüfung der Inlandskonten dann noch wiederkehrende hohe Barabhebungen knapp unterhalb der Geldwäsche-Schwelle erbringt …
Nachtrag 10.1.2012
Einer der Empfehlungen Millers folgend, habe ich bei der Vienna Life Insurance in Liechtenstein ein Informationspaket über deren sogenannte "Kapitalschutz-Real-Wert-Police" angefordert. Bei dessen Durchsicht muss ich nun allerdings sehr irritiert feststellen, dass die Prospekttexte zum großen Teil wörtlich mit dem entsprechenden Kapitel in Millers Buch übereinstimmen. Zusätzlich liegt dem Prospekt ein 15 Seiten umfassender Text Millers bei, der ebenfalls wörtlich dem Buchtext entspricht.
Das könnte verschiedene Gründe haben: (a) Miller hat für sein Buch einfach die Werbetexte der Vienna Life übernommen. (b) Die Vienna Life hat für ihre Prospekte die Texte Millers übernommen. (c) Die Texte - wer auch immer ihr Urheber war - sind für beide Zwecke verfasst worden. Doch was auch immer die Gründe sind: Diese Nähe weckt massive Zweifel daran, wie unabhängig die Empfehlungen Millers wirklich sind. Ich habe danach massive Zweifel, ob ich die Empfehlungen als neutral ansehen kann oder ob das Buch eine als neutraler Ratgeber getarnte Werbeschrift verstehen muss.
Ich korrigiere daher meine ursprüngliche positive Bewertung deutlich nach unten.
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