Die Umsetzungsberatung

Rezensionen

Anregende Gedanken zur Führung von Know-how-Unternehmen

Sveiby, Karl Erik; Lloyd, Tom (1990):

Das Management des Know-how

Führung von Beratungs-, Kreativ- und Wissensunternehmen

Frankfurt (Campus); 187 S. (vergriffen)


Nutzen / Lesbarkeit: 8 / 8

Rezensent: Winfried Berner, 01.09.1991

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Ein wichtiges Buch, auch wenn es den von Werbetext und Geleitworten geweckten hochfliegenden Erwartungen nicht restlos gerecht wird.

Insbesondere der mittlere Teil wird zur Durststrecke, weil man ständig auf die angekündigten bahnbrechenden Einsichten wartet (die dann doch nicht kommen). Dabei läuft man Gefahr, einige interessante Gedanken zu überlesen, die zwar jene ganz große Erkenntnis nicht aufwiegen, von denen einige aber, auf den zweiten Blick, den Leseaufwand durchaus wert sind.

Die zentrale These der Autoren ist, dass der klassische Produktionsfaktor Kapital in einer wachsenden Zahl von Industrien abgelöst wird durch den "neuen" Produktionsfaktor Know-how - oder besser: Experten-Wissen und- Können. Je weniger standardisierbar eine Leistung, desto wichtiger ist die Rolle der "Fachleute", und desto stärker, relativ zu den "Kapitalisten", ihre Verhandlungsposition. Das Extrem sind Rechtsanwälte, Werbeagenturen, Trainer, Unternehmensberatungen, deren Kapitalbedarf marginal ist und die infolgedessen auf Fremdkapital (so gut wie) nicht angewiesen sind. Entsprechend segmentieren Sveiby und Lloyd, die aus der Zeitungsbranche kommen (was sich in der Lesbarkeit des Buchs wohltuend niedergeschlagen hat), Dienstleistungs-Unternehmen entlang der Dimensionen "unternehmerisches Know-how" und "fachliches Know-how":

* Das Büro (0,0) entwickelt weder unternehmerische Initiative noch Experten-Funktion, sondern erbringt rein administrative Dienstleistungen. Typische Beispiele sind (Verwaltungs-)Geschäftsstellen von Verbänden oder interne Funktionen wie Gehaltsabrechnung oder zentraler Schreibdienst.

* Die Fabrik (0,1) ist getragen von unternehmerischem Know-how bei minimalem fachlichen Know-how; typisches Beispiel ist McDonald's, bzw. intern: der Einkauf).

* Die Agentur (1,0) ist eine lose Kooperative von Experten, in dem die fachliche Seite klar vor der unternehmerischen geht; dies ist typisch für das von Experten gegründete Unternehmen der ersten Stunde (und insofern untypisch für interne Konstellationen).

* Das Professionelle Know-how-Unternehmen (1,1) verbindet (definitionsgemäß) unternehmerisches und fachliches Know-how. Es steht vor dem Problem, dauerhaften wirtschaftlichen Erfolg zu sichern, ohne übermäßig von Einzelpersonen abhängig zu sein.

Die Bedingungen für das erfolgreiche Management von Know-how-Unternehmen versuchen Sveiby und Lloyd herauszuarbeiten. Da die Experten die wichtigste Ressource von Know-how-Unternehmen sind, dreht sich buchstäblich alles um sie: "Die einzige Funktion des restlichen Personals besteht darin, die Fachleute zu unterstützen." (S. 66) Demgegenüber spielen klassische Manager hier keine entscheidende Rolle – sie werden von den Experten weder benötigt, da diese sich weitestgehend selbst managen, noch akzeptiert – außer evtl. in der Leitung von unterstützenden Diensten. Der Leiter eines Know-how-Unternehmens hingegen kann nur ein (ehemaliger) Fachmann sein, weil von den Fachleuten nur akzeptiert wird, wer ihre Situation und Mentalität versteht. Doch unterscheidet er sich von ihnen durch ein Mehr an Organisationstalent, durch die Bereitschaft, Menschen zu führen, und durch das Vorantreiben der Geschäftsidee. Damit ist es letzten Endes der Leiter, der den Unterschied zwischen einer "Agentur" und dem "professionellen Know-how-Unternehmen" ausmacht.

Zehn Erfolgsfaktoren sind nach Auffassung der Autoren entscheidend für das erfolgreiche Know-how-Management:

1. (Sensible, reibungsarme) Unternehmensführung im Alltag: "Know-how-Unternehmen stecken voller Verwicklungen. Ihre Führungskräfte müssen ständig mit Genies umgehen, die ihre Schwachpunkte haben." (S. 113)

2. Qualität und Qualitätssicherung – wobei entscheidend sei, ein geeignetes Verfahren der Qualitätsmessung zu finden.

3. Respektierung des Know-how: "... beinahe totalitäre Einstellung zum Know-how. Die interne Rangordnung hängt vom professionellen Know-how ab, und das Know-how entscheidet über die Macht einzelner innerhalb des Unternehmens." (S. 115)

4. Die Kombination von Fach- und Führungswissen (= "Know-how-Management")

5. Eine starke, klar umrissene Kultur, die als Rahmen dient "wie die Zehn Gebote: So machen wir es, das dürfen wir nicht tun, so packen wir die Dinge an. Die Existenz einer starken, klar umrissenen Kultur ermöglicht der Führungsspitze, den wagemutigen Unternehmern freie Hand zu lassen. Ihre grundsätzliche Loyalität zur Kultur wird sie davon abhalten, zu weit abzuschweifen." (S. 117)

6. Konzentration auf das Kernwissen

7. Die Wahrung des Know-how: "Für das langfristige Überleben ist entscheidend, dass die 'mobilen Aktivposten' das Unternehmen nicht verlassen. Erfolgreiche Know-how-Unternehmen haben verschiedene Methoden entwickelt, maßgebende Mitarbeiter zu halten. Eigentumsrechte gehören zu den wichtigsten dieser Mittel." (S. 118)

8. Personalentwicklung

9. (Krisenloser) Wechsel an der Spitze (= professionelles Übergangs-Management)

10. Stabile Strukturen (die weniger formaler als kultureller Natur sind).

Abschließend versuchen die Autoren eine Generalisierung ihres Ansatzes. Sie weisen darauf hin, dass es auch in größeren Unternehmen Untereinheiten geben kann, die Experten-Teams sind und ebenfalls Know-how-Management benötigen. Darunter zählen sie neben anspruchsvolleren internen Dienstleistungen (wie R + D, Datenverarbeitung, Logistik) auch das Top Management (was wohl von begrenzter Ergiebigkeit ist). Schließlich leiten sie aus dem "Megatrend" der Kräfteverschiebung vom Kapital zum Know-how eine Reihe von Prognosen ab, von denen mir einige durchaus bedeutsam scheinen.

Eine davon wird zum (warnenden?) Schlusswort: "Fachleute wünschen sich anregende Arbeit, eine stimulierende Umgebung und Raum für die persönliche Entwicklung. Den Wachstumsambitionen der Leiter und Manager stehen sie gleichgültig gegenüber, solange diese nicht mit ihren Bedürfnissen und Wünschen in Konflikt geraten. Sobald sie sich dadurch jedoch bedroht und beeinträchtigt fühlen oder sobald das Wachstumsethos die Arbeitsatmosphäre stört, werden sie gehen." (S. 182)

Schlagworte:
Unternehmensführung, Management, Know-how-Unternehmen

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