Die Umsetzungsberatung

Rezensionen

Die Energiewende in aller Konsequenz durchdenken

Heinberg, Richard; Fridley, David (2016):

Our Renewable Future

Laying the Path for One Hundred Percent Clean Energy

Island Press; 226 Seiten; 23,99 Euro


Nutzen / Lesbarkeit: 10 / 9

Rezensent: Winfried Berner, 10.12.2016

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Wertvolles und ermutigendes Buch, das erstmals die Komplexität eines vollständigen Umstiegs auf erneuerbare Energien zu durchdringen versucht und sowohl gangbare Wege aufzeigt als auch Probleme analysiert, ohne sie zu verharmlosen oder dramatisieren.

Hinweise, Untersuchungen und Analysen, dass wir mit unserem Energieverbrauch nicht so weitermachen können wie bisher, weil es sonst im wahrsten Sinne des Wortes ein böses Ende nehmen wird, gab es in den letzten Jahrzehnten mehr als genug. Bereits 1972 machten Dennis und Donnella Meadows und Kollegen auf die "Limits to Growth" aufmerksam, schon davor erschienen erste Studien zum Thema Peak Oil, und in den letzten Jahren wurden die Warnungen vor einem menschengemachten Klimawandel immer lauter.

An zusätzlichen Warnungen besteht kein Bedarf mehr: Es ist alles gesagt. Woran es hingegen mangelt, sind konkrete Überlegungen und Pläne, wie ein Umbau unserer Gesellschaft(en) auf eine vollständige Versorgung mit erneuerbaren Energien gelingen könne, um einen ungeordneten Übergang – sprich: einen Kollaps – zu vermeiden. Insofern ist "Our Renewable Future" ein ausgesprochen optimistisches Buch: Nicht nur, weil seine Autoren einen vollständigen Übergang auf erneuerbare Energien für machbar halten, sondern auch, weil sie sich trotz des vorherrschenden Weiter-so-Stimmung überhaupt die Mühe machen, ihn detailliert zu untersuchen.

Richard Heinberg und David Fridley legen mit diesem Buch – meines Wissens als Erste – sehr kluge und sorgfältige Überlegungen vor, was die Voraussetzungen für einen vollständigen Übergang auf erneuerbare Energien sind und welche Schwierigkeiten / Herausforderungen er mit sich bringt. Dafür bringen sie die besten Voraussetzungen mit: David Fridley ist Wissenschaftler am "Energy Analysis Program" des Lawrence Berkeley National Laboratory, Richard Heinberg Senior Fellow-in-Residence am Post Carbon Institute und einer der bekanntesten Peak Oil- und Peak-Everything-Autoren.

Wichtige Grundlagen

Ihr Buch ist in drei Teile gegliedert. Im Teil I "It's All About Energy" rekapitulieren sie kurz die Grundlagen zum Thema Energie. Teil II "Energy Supply in a Renewable World: Opportunities und Challenges" ist das Herzstück: Hier gehen Heinberg und Fridley sowohl die verschiedenen Formen erneuerbarer Energien als auch die wichtigsten Anwendungsfelder im Einzelnen durch. In Teil III "Preparing for Our Renewable Future" diskutieren sie die gesellschaftlichen Konsequenzen.

Weil wohl nicht jeder, der es eigentlich sollte, dieses Buch lesen wird, fassen ich hier die wichtigsten Gedanken und Erkenntnisse zusammen. Mit anderen Worten, dies ist nicht eine viel zu lang geratene Rezension, sondern eine Zusammenfassung der zentralen Aussagen und Erkenntnisse des Buchs mit eingestreuten eigenen Kommentaren.

Im "Energy 101" (Kapitel 1) machen Heinberg und Fridley anhand der Hauptsätze der Thermodynamik deutlich, dass Energie nicht erzeugt, sondern nur transformiert werden kann.

Die Transformation von Energie wiederum ist ein verlustreiches Geschäft: Wir können zwar Feuer unter einem Kessel machen, damit Wasser erhitzen und mit dem Dampf eine angeschlossene Turbine zur Stromegewinnung betreiben – aber von dem Energiegehalt des Brennstoffs wird nur ein Bruchteil in Strom verwandelt. Der Rest ist "Abwärme": Er geht streng physikalisch zwar nicht verloren, diffundiert aber in nicht nutzbarer Form in die Umgebung, wird buchstäblich zu "heißer Luft". Wie dramatisch diese Verluste sind, macht eine Zahl deutlich: Der Wirkungsgrad von Verbrennungsmotoren liegt bei etwa 18 Prozent – die Energie, die zur Herstellung und späteren Entsorgung des Motors benötigt wird, noch gar nicht berücksichtigt.

Vergebliche Hoffnung auf neue Energiequellen

Die Hoffnung, die Menschheit werde innovativ genug sein, um rechtzeitig, bevor uns die fossilen Brennstoffe ausgehen, andere Möglichkeiten finden, Energie zu erzeugen, scheitert daher schlicht an den Gesetzen der Physik: Nach dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik geht der Weg immer von hoher Energiedichte zu niedriger Energiedichte. Der Mensch hat noch nie Energie erzeugt, er hat lediglich neue Möglichkeiten gefunden, vorhandene Energievorräte "anzuzapfen" und sich zunutze zu machen.

Und das Anzapfen der fossilen hochdichten Energieträger war dabei sozusagen der Hauptgewinn, der das Industriezeitalter und damit unsere heutige Lebensweise überhaupt erst möglich gemacht hat. (Was auch heißt: Ohne fossile Energie im Überfluss hätte es die ganze Industrialisierung und den durch sie möglich gewordenen Wohlstand gar nicht gegeben.)

Ziemlich blöd deshalb, dass diese fossilen Energieträger endlich sind. Und noch blöder, dass die ersten Anzeichen ihrer Verknappung bereits sichtbar sind: Wenn genügend leicht abbaubares konventionelles Öl und Erdgas zu Verfügung stünde, würde niemand über Fracking und Tiefseebohrungen reden. Doch die "low hanging fruits" sind abgeerntet: Es wird technisch immer schwieriger und aufwändiger, unsere Gesellschaft mit ausreichend Energie zu versorgen – was bedeutet: Die Energieversorgung selbst verschlingt immer mehr Energie. Und damit immer mehr Investitionsmittel, die deshalb für andere Zwecke nicht mehr zu Verfügung stehen.

Theoretisch ist es natürlich denkbar, dass die Menschheit rechtzeitig vor dem (wirtschaftlichen) Versiegen der Fossilen eine neue Energiequelle entdeckt. Beispielsweise träumen manche schon seit Jahrzehnten von der Kernfusion. Aber abgesehen davon, dass man mit Träumen nicht heizen kann und äußerst zweifelhaft ist, ob die Kernfusion jemals mehr sein wird als ein Traum: Von der Serienreife bis zum flächendeckenden Einsatz dauert es rund 40 Jahre – und so viel Zeit haben wir nicht mehr.

Was zählt, ist die Netto-Energie

Eine wichtige Kennzahl für Energieträger ist der EROEI, der "Energy Return on Energy Invested" – was so viel heißt wie: Wie viel Energie bleibt netto übrig, wenn man die gewonnene Ernergie durch den Energieaufwand für die Gewinnung teilt? Die Jubelmeldungen über die Entdeckung gigantischer Öl- und Gasvorkommen in den USA ("Saudi America") relativieren sich dramatisch, wenn man den EROEI berücksichtigt: Bei der herkömmlichen Ölförderung liegt er bei 20:1 bis 30:1, bei "unkonventionellem" Öl und Gas lediglich bei 0,7:1 bis 13,3:1 liegt. Von praktischem Nutzen sind aber nur Energieträger, die deutlich mehr Energie bringen als ihre Bereitstellung kostet. Als Faustregel nennen die Autoren einen Mindest-EROEI von 3 bis 5:1.

Auch wenn die Steinzeit in der Tat nicht aus einem Mangel an Steinen zuende gegangen ist, könnte unser Industriezeitalter sehr wohl aus Mangel an hochdichten Energieträgern zuende gehen. Und zwar rascher, als sich das die meisten vorstellen. Zwar birgt die Erdkruste noch unendlich viel Öl, Gas und Kohle, aber nur ein rapide schrumpfender Teil davon lässt sich mit einem EROEI von deutlich über 1 erschließen. Unsere einzige Chance, einen völligen Zusammenbruch unserer heutigen Lebensweise zu vermeiden, ist eine rechtzeitige Umstellung auf erneuerbare Energien.

Bei der Netto-Energie kann man sich leicht in die Tasche lügen, indem man nur den Energieaufwand für den laufenden Betrieb rechnet und den für den Bau und den späteren Abbau der entsprechenden Anlagen ausklammert. So kommt man leicht auf fantastische Zahlen, beispielsweise für die Atomenergie, für die manche einen "Erntefaktor" von 75 bis über 100 behaupten.

Falls überhaupt, wird nur in den Fußnoten erwähnt, dass man "einfachkeitshalber" oder "aus Gründen der Vergleichbarkeit" nur den laufenden Betrieb betrachtet habe. Die gewaltigen Kosten von Bau – allein die Erzeugung von Zement und Stahl sind extrem energieaufwändige Prozesse – über "Entsorgung" bis zu Abbau, Dekontaminierung und Endlagerung werden so elegant ausgeblendet. (Würde man Wind- und Solarenergie auch so betrachten, ginge ihr EROEI ins Unendliche, weil ihr Betrieb ja praktisch keine Energie kostet; der mit weitem Abstand größte Energieeinsatz vor und nach ihrer "Erntephase" liegt – aber das ist halt leider erstens unseriös und zweitens grob irreführend.) Rechnet man den Energieaufwand für den vollen Lebenszyklus, ist fraglich, ob die Atomkraft überhaupt einen nennenswert positiven EROEI hat; in jedem Fall ist er weit niedriger als die "Schaufensterzahlen" suggerieren.

Aber auch bei erneuerbaren Energieträgern ist die Betrachtung des vollen Lebenszyklus' von entscheidender Bedeutung. Nehmen wir zum Beispiel Biogas, das ohnehin keinen sehr begeisternden EROEI hat. Wenn es aus Mais (oder anderen Feldfrüchten aus Intensiv-Landwirtschaft) erzeugt wird, muss man für eine saubere Kalkulation zwingend den Energieaufwand für die Maiserzeugung einrechnen. Und nach der Faustregel "15 kg Korn = 0,5 kg Kunstdünger = 1 kg Rohöl" ist "Bio"gas nichts anderes als eine äußerst ineffiziente Methode, Rohöl in Strom zu verwandeln. Der wahre EROEI dieser Übung dürfte weit unter 1 liegen – kein Wunder, dass diese Art der "nachhaltigen" Energiegewinnung ohne Subventionen nicht lebensfähig ist.

Betriebsverbrauch vs. "eingebettete" Energie

Auch beim Energieverbrauch ist die Betrachtung der "energetischen Vollkosten" über den Lebenszyklus wichtig. Gleich ob es um ein Auto oder um eine Glühlampe geht, es zählt nicht nur der operative Verbrauch, sondern auch der Energieaufwand für Herstellung und Entsorgung. Wenn ein Kompaktwagen, um mit runden Zahlen zu rechnen, real 5 Liter Sprit verbraucht und über seinen Lebenszyklus eine Gesamtfahrleistung von 500.000 Kilometer erreicht, verbraucht er insgesamt 25.000 Liter Sprit. Bei einem Literpreis von 0,4 Euro (ohne Mineralölsteuer) sind das rund 10.000 Euro – knapp die Hälfte des Kaufpreises. Wenn man den Kaufpreis als ungefähres Proxy des "eingebauten" Energiegehalts nimmt, heißt das, dass für die Herstellung fast halb so viel Energie benötigt wird wie für den gesamten Betrieb.

Ja, im Kaufpreis sind natürlich auch Entwicklung, Marketing und Vertrieb enthalten, weiterhin Gewinn und Handelsmargen. Trotzdem ist das Proxy besser als es den Anschein hat. Denn nicht nur Stahl, Glas und Kunststoff enthalten (eine Menge) Energie, sondern auch die meisten scheinbar energieneutralen Leistungen: Die Mitarbeiter des Herstellers kaufen für ihr Einkommen Lebensmittel und andere Produkte, deren Erzeugung Energie verschlingt, Entwicklung und Marketing verbrauchen direkt und indirekt Energie, die Schauflächen des Händlers kosten in Bau und Betrieb Energie ...

Selbst bei einem Abschlag von 10, 20 oder 30 Prozent ist der wirkliche Energieverbrauch eines Autos wesentlich höher als sein Benzinverbrauch. (So steckt auch in vermeintlich klimaneutralen Elektroautos eine substanzielle Menge an fossiler Primärenergie!) Wegen dieser eingebetteten Energie ist es oftmals keine gute Idee, Geräte oder Fenster vorzeitig auszutauschen oder ältere Autos vorzeitig zu verschrotten: Damit spart man zwar Betriebsenergie, aber man bezahlt dies mit einem deutlich höheren Verbrauch an eingebetteter Energie.

Ein guter Test ist daher immer, ob sich der vorzeitige Austausch oder die Maßnahmen zur Wärmedämmung oder zur sonstigen Energieeinsparung ohne Subventionen rechnen. Wenn dies nicht der Fall ist, könnte es daran liegen, das der Verlust an eingebetteter Energie höher ist als die Einsparung an Betriebsenergie.

Die eingebettete Energie ist auch der tiefere Grund, weshalb der Umbau der Energieinfrastruktur mindestens 40 Jahre dauert: Ein schnelleres Vorgehen würde nicht nur gigantische Investitionen erfordern, sondern auch ungeheure Mengen an eingebetteter Energie "verschrotten", weil große Teile der Infrastruktur weit vor Ende ihrer möglichen Nutzungsdauer aus dem Verkehr gezogen würden.

Sinkende Kosten, aber begrenzte Skalierbarkeit

Im zweiten Teil ihres Buchs gehen Heinberg und Fridley die verschiedenen erneuerbaren Energiequellen und -träger durch und stellen sie den Verwendungszwecken gegenüber. Zunächst stellen sie im dritten Kapitel fest, dass die Kosten nicht mehr das Problem sind: Die erneuerbaren Energien sind wettbewerbsfähig geworden – zumindest sofern das Preissystem nicht allzu sehr verzerrt ist. Probleme bereiten viel mehr die Schwankungen der Verfügbarkeit bei Wind- und Sonnenstrom sowie die Skalierbarkeit. Dahinter steht die Frage, ob mit diesen Energiequellen eine Vollversorgung erreicht werden kann und zu welchem Preis.

Es heißt zwar oft, in Deutschland läge der Anteil der Erneuerbaren bereits bei einem Drittel. Aber das ist irreführend, denn die Bezugsgröße ist dabei immer nur der Stromverbrauch, und der wiederum macht nur 20 Prozent des gesamten Energieverbrauchs aus (USA: 21%, Welt: 18%). Beim Gesamtverbrauch sind wir noch unter 10 Prozent.

Das legt unvermeidlich die Frage nahe, ob es überhaupt möglich ist, unseren heutigen (und weiter steigenden) Energieverbrauch auf nachhaltige Weise zu decken, ohne beinahe jeden Quadratmeter dieser Welt in den Dienst der Energieerzeugung zu stellen. Auf die Dauer werden wir wohl nicht darum herumkommen, unseren Verbrauch substanziell zu senken. Immerhin verbraucht jeder Mensch heute zehn Mal so viel Energie wie unsere Vorfahren um 1850 – und so viel Energie nachhaltig zu ernten, dürfte schwer werden.

Eine Umgewöhnung dürfte auch die Verfügbarkeit erfordern, die bei erneuerbaren Energien nicht so steuerbar ist wie bei der Öl- und Gasverbrennung. Kaum jemand weiß, dass heute fast aller Strom noch in der Sekunde verbraucht wird, in der er bereitgestellt wurde. Unsere Stromerzeugung passt sich im Hintergrund sekundenschnell der Nachfrage an. Künftig wird das nicht mehr möglich sein, weil sich Wind und Sonne nur sehr begrenzt für unseren Bedarf interessieren.

Zwar lässt sich Strom speichern, etwa in Pumpspeichern, Batterien oder durch Umwandlung in Wasserstoff; weiter können wir regelbare Formen der Bereitstellung wie Biogas zur Pufferung von Schwankungen nützen. Aber die doppelte Umwandlung ist ein brutales Verlustgeschäft, und der Aufbau von Reservekapazitäten erhöht natürlich die Gesamtkosten. Wir werden daher lernen müssen, unsere Nachfrage der Verfügbarkeit anzupassen. Statt, wie heute, selbstverständlich davon auszugehen, dass Strom zu Verfügung steht, wenn wir ihn brauchen, wird uns der Preis – oder überlastungsbedingte Netzzusammenbrüche – lehren, Strom zu nutzen, wenn er zu Verfügung steht.

Problemfeld Last-, Schiffs- und Flugverkehr

"Transportation: The Substitution Challenge" ist das vierte Kapitel überschrieben. Der Titel deutet schon an, wo die Probleme liegen: Verschiedene Energieträger lassen sich nicht beliebig untereinander austauschen. Zwar sollte es gelingen, den privaten Personentransport auf Elektromobilität umzustellen, aber beim Gütertransport sowie beim Schiffs- und Flugverkehr ist es nach derzeitigem Stand kaum vorstellbar, sie mit Strom oder direkt mit erneuerbaren Energien zu betreiben.

Biosprit wäre eine Option – im Prinzip könnte man dafür in Ermangelung einer besseren Alternative sogar ein energetisches Verlustgeschäft in Kauf nehmen, aber das wäre natürlich mörderisch teuer und würde die Nachfrage entsprechend reduzieren. Auch Wasserstoff ist wegen seiner geringen Energiedichte alles andere als eine Ideallösung, ganz abgesehen davon, dass dieses kleinste aller Atome sehr schwer zu speichern und zudem mit hohen Unfallgefahren behaftet ist. Gut möglich daher, dass Kite- und Segelschiffe eine Renaissance erleben werden, zumindest zur Unterstützung und Verbrauchsminderung anderer Antriebe.

Heinberg und Fridley rechnen jedoch insgesamt mit "a less mobile all-renewable future" (S. 92). Was zumindest die positive Seite hätte, dass dann all jene Transporte wegfallen, die heute nur zur Ausnutzung minimaler Lohnkostendifferenzen stattfinden. Das würde nicht nur die allermeisten Staus beseitigen, sondern auch sämtliche Pläne für dritte Startbahnen und sechsspurige Autobahnen hinfällig machen. Zugleich entfiele mit dem drastischen Rückgang der Transportfahrzeuge auch ihr eingebetteter Energiegehalt.

Ein erhebliches Problem wirft laut Heinberg und Fridley allerdings der Kapitalbedarf auf, der für den Umbau erforderlich wird. Das führt in einem Zielkonflikt mit der Erhaltung der bestehenden Verkehrsinfrastruktur: "Because oil is economically crucial and hard to replace, and because oil is leading the EROEI decline of fossil fuels, more and more energy investment capital will have to go towards maintaining essential existing oil-based energy usage systems, just as massive new investment is needed for renewable energy capacity, energy storage, and grid updates." (S. 93) Die Internationale Energieagentur (IEA) schätzt den Investitionsbedarf bis 2035 auf 48 Billionen Dollar – und unterschätzt ihn damit nach Meinung der Autoren noch erheblich.

Ungelöste Probleme

Aber das ist nicht das einzige Hindernis, vor dem der Übergang auf erneuerbare Energien steht. Im fünften Kapitel "The Substitution Challenge Continues" erläutern Heinberg und Fridley, dass auch Industrien, die sehr viel Energie und sehr hohe Temperaturen brauchen, wie zum Beispiel die Herstellung von Zement, Roheisen und Aluminium, vor noch ungelösten Problemen stehen.

Theoretisch ließen sich die erforderlichen stabil hohen Temperaturen, so wie früher auch, mit Holzkohle zu erzielen, doch dem steht ein kaum behebbares praktisches Problem im Wege: "There is, quite simply, not enough forest in the world." (S. 101) Für Alternativen gibt es zwar Ideen, doch bislang sind sie kaum über das Versuchsstadium hinausgekommen.

Wesentlich besser sieht es bei Niedrig-Temperatur-Wärme, also bei Heizen, Kochen, Warmwasser usw. aus. Hierfür stehen Wärmepumpen, Solarwärme, Geothermie etc. zu Verfügung, und dazu das ganze Spektrum von Wärmedämmung bis Passivhaus. Zumindest hier gibt es serienreife Lösungen, die "nur noch" flächendeckend umgesetzt werden müssen.

Aber auch viele andere Alltagsmaterialien sind nichts anderes als umgewandeltes Erdöl: Plastik (7,4% des Verbrauchs), Kunstdünger, Farben, Schmierstoffe, Asphalt … Kunstdünger, Farben und Asphalt erscheinen leichter substituierbar, wenn auch oft zu höheren Kosten und/oder mit geringerer Funktionalität. Aber allein die gigantischen Mengen, die benötigt werden, werfen erhebliche praktische Hürden für einen großflächigen Umbau auf – nicht zuletzt die dafür erforderlichen Investitionen. Anders bei den Schmierstoffen: Das ist ein Anwendungsfeld, das quantitativ kaum ins Gewicht fällt, aber eines, für das es aber bislang kaum erneuerbaren Ersatz gibt.

"In principle, most of the problems we have identified are solvable", resümieren Heinberg und Fridley, "but at a cost and with serious questions regarding scale." (S. 113) Mit anderen Worten, selbst wenn es gelingt, die technischen Probleme zu lösen – was derzeit noch keineswegs gesichert ist –, werden wir kaum dazu in der Lage sein, die schiere Menge des heutigen Verbrauchs aufrecht zu erhalten.

Eine neue Balance finden

Den Versuch, Angebot und Nachfrage zusammenzubringen, machen Heinberg und Fridley im sechsten Kapitel "Energy Supply: How Much Will We Have? How Much Will We Need?". Theoretisch erscheint das Ausbaupotenzial der erneuerbaren Energien beinahe unendlich, denn gegenwärtig schöpfen wir gerade mal etwas mehr als ein Zehntausendstel der Energie ab, die uns die Sonne vergütungsfrei zu Verfügung stellt.

Das praktische Problem ist – wieder mal – der EROEI. Denn nutzbar wird diese Energie nur, wenn es gelingt, sie mit einem Nettoertrag von mindestens 3:1 umzuwandeln. Für energieintensive Verwendungszwecke geht man sogar von einem Minimum von 7:1 aus. Diese Hürden überspringen keineswegs alle erneuerbaren Energien. Und spätestens wenn Energie zum Zweck ihrer Speicherung umgewandelt werden muss, wird es wegen der hohen Umwandlungsverluste sogar für die Photovoltaik eng.

Anspruchsvoll ist auch, was Heinberg und Fridley "building solar and wind with solar and wind" nennen (S. 119). Denn heute nutzen wir für Herstellung, Transport und Montage von Solarkollektoren, Windrädern etc. in erheblichem Umfang fossile Energie: vom Einschmelzen der Kollektoren über Geothermie-Bohrungen bis zum Aufbau der Windräder. Es ist durchaus nicht trivial, all diese Prozesse ausschließlich mit erneuerbaren Energien zu realisieren.

Ebenfalls anspruchsvoll, wenn auch auf einer ganz anderen Ebene, wird der Umbau der Energieinfrastruktur, denn sowohl von den Investitionen als auch vom erforderlichen Energieaufwand her tritt er in Konkurrenz zu allen übrigen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Aktivitäten: "The faster we push the energy transition, the more energy will have to be derived to that gargantuan project, and the less will be available to all other activities (running the food, transportation, manufacturing, communications, and health care sectors, among others)." (S. 121)

Grundlegender Strukturwandel zu erwarten

Heißt im Klartext: Der Umstieg auf erneuerbare Energien wird erst einmal in erheblichem Umfang Energie verschlingen – und aller Voraussicht nach auch den Verbrauch fossiler Brennstoffe erhöhen: Für jedes Solarpanel und jedes Windrad, das irgendwo aufgestellt wird, werden erst einmal fossile Energieträger verbrannt. Und je mehr von ihnen aufgebaut werden, desto mehr fossile Energie wird verbraucht.

Diese gewaltigen Investitionen werden den Wohlstand mindern, weil das Geld, das dafür eingesetzt wird, nicht für andere Zwecke zu Verfügung steht. Also liegt die Frage nahe, warum man den Umbau dann überhaupt forcieren sollte. Die simple Antwort: Weil die Alternative, zu warten, bis Öl knapp und damit fast unbezahlbar wird, in einen Kollaps von Wirtschaft und Gesellschaft münden würde. Denn ohne Energie ist der Aufbau eines erneuerbaren Energiesystems nicht zu bewältigen.

Zum (relativen) Glück haben Heinberg und Fridley eine gute Nachricht: "The Efficiency Opportunity: We May Not Need as Much Energy" (S. 124). Wenn wir die Möglichkeiten zu Energieeinsparung und Effizienzsteigerung konsequent nutzen, meinen sie: "An electrified, optimally efficient society might need only half to two-thirds of current primary energy consumption" (S. 125). Eine Garantie, dass diese Einsparungen reichen werden, gibt es freilich nicht. Mir scheint es eher zweifelhaft.

In jedem Fall wird dies zu einem massiven Strukturwandel führen: Die Verteuerung von Transporten wird es attraktiver machen, regional einzukaufen – was die Globalisierung ebenso zurückdrehen wird wie über die ganze Welt verteilte Fertigungsstrukturen. Die Verteuerung energieintensiver Produkte wie Beton und Stahl wird Neubauten verteuern und zu Veränderungen der Bauweise führen, weil man bestrebt sein wird, diese teuren Materialien durch kostengünstigere zu ersetzen. Und vieles andere mehr – Effekte zweiter und dritter Ordnung noch gar nicht betrachtet.

Falsche und berechtigte Hoffnungen

Da historisch eine hohe Korrelation zwischen wirtschaftlicher Aktivität und Energieverbrauch besteht, erwarten der Autoren einen Rückgang der weltweiten Wirtschaftsleistung: "The economy will likely shrink." (S. 128) Das ist einerseits nicht so überraschend, andererseits trotzdem ein Problem, denn es könnte die Finanzierung der Energiewende in Gefahr bringen – vor allem wenn dieser Rückgang die Gesellschaft(en) unvorbereitet trifft: "Perhaps the worst outcome of all would come from a failure to plan for economic tapering: in that case, societies would deploy futile strategies to restart growth, while frittering away opportunities to prepare for a renewable, postgrowth future." (S. 129)

Ich frage mich, ob die Autoren damit ein Zukunftsszenario beschreiben oder ob wir da längst sind. Versuchen nicht Staaten und Notenbanken seit Jahren vergeblich, das Wachstum anzukurbeln? In jedem Fall wäre es notwendig, schreiben sie, ein besseres Maß für den Wohlstand einer Gesellschaft zu finden als das Bruttoinlandsprodukt. Denn ein untauglicher Maßstab führt unweigerlich zu einer Fehlsteuerung: Dann verschwenden wir Zeit und Kraft, um einem falschen Ziel hinterherzujagen, und versuchen verzweifelt, ein Wachstum in Gang zu bringen, das es so nicht mehr geben wird.

Im siebten Kapitel räumen Heinberg und Fridley einige falsche Hoffnungen und vielbeschworene Scheinlösungen ab: Kernenergie – nicht erneuerbar und außerdem, über den vollen Lebenszyklus betrachtet, mit geringem EREOI –, Kohlendioxidfilterung und -speicherung – erzeugt mehr CO2 als sie aus dem Verkehr zieht –, technologische Durchbrüche – werden immer gerne erhofft, aber erstens sollten sie erst einmal da sein, bevor man eine Planung darauf aufbaut, und zweitens braucht es von der (bislang nicht erreichten) Serienreife bis zum großflächigen Einsatz jene berühmten 40 Jahre. Was unter dem Strich heißt: Natürlich wären technische Durchbrüche hochwillkommen, doch es wäre grob fahrlässig, unsere Zukunftsplanung auf etwas aufzubauen, was nicht zu Verfügung steht und vielleicht niemals zu Verfügung stehen wird.

Das gesellschaftliche Fundament

Im dritten Teil "Preparing for Our Renewable Future" diskutieren Heinberg und Fridley, was beim Umstieg auf erneuerbare Energien auf gesellschaftlicher und individueller Ebene geschehen muss. Kapitel 8 "Energy and Justice" wirft das Thema Gerechtigkeit auf: "Pursuing the renewable energy transition without equity in mind would likely doom the entire project. Unless the interests of people of all economic levels are taken into account and existing inequalities are reduced, the inevitable stresses accompanying this all-encompassing societal transformation could result in ever-deeper divisions both between and within nations." (S. 148)

Für weniger entwickelte Länder könnte dies eine Renaissance jener "appropriate technology" bedeuten, die E. F. Schumacher in den siebziger Jahren propagiert hat. Aber auch Themen wie "Open Source Ecology" dürften an Bedeutung gewinnen. Für die sich rasch entwickelnden Länder erwarten die Autoren "a profound directional shift" (S. 150). Beispielsweise dürfte sich der Trend zur Urbanisierung abbremsen und möglicherweise umkehren. Sowohl in diesen Ländern als auch in den Industriestaaten muss der Pro-Kopf-Energieverbrauch auf ein nachhaltiges Maß reduziert werden, etwa durch eine echte Kohlendioxid-Besteuerung und durch den Wiederaufbau regionaler Strukturen.

Große Bedeutung messen die Autoren auch den Eigentumsstrukturen der künftigen erneuerbaren Energiesysteme bei, weil sie erheblichen Einfluss auf den Grad an ökonomischer Gleichheit oder Ungleichheit haben. Zentralisierte Strukturen bedingen ebensolche Kapitalflüsse; verteilte Eigentums- und Erzeugungsstrukturen auf genossenschaftlicher Basis ermöglichen wesentlich mehr Gleichheit und damit auch mehr gesellschaftliche Akzeptanz.

Insgesamt finde ich bemerkenswert, wie viel Wert die Autoren bei diesem vermeintlich so technischen und ökonomischen Thema auf die gesellschaftpolitische Seite legen: "To succeed, climate and energy policies need to be grounded in a universally shared and ethically based agreement that all human beings, regardless of income, gender, or ethnicity, habe both the right to a safe and stable environment, and the responsibility to act in such a way as to sustain and protect it." (S. 159)

Was Regierungen und Bürger tun sollten

"What Government Can Do" erläutern Heinberg und Fridley im neunten Kapitel. Sie beginnen mit der Feststellung "that market mechanisms by themselves will be insufficient to drive the renewable energy transition at the speed required to outrun climate change and fussil fuel depletion." (S. 161)

Das mag überzeugten Marktwirtschaftlern missfallen, doch es ist nun einmal so, dass Märkte – genauer: die allermeisten Marktteilnehmer – nur in sehr begrenztem Umfang zukünftige Entwicklungen antizipieren: Sie reagieren auf Verknappungen erst, wenn sie eingetreten sind oder sich ganz konkret abzeichnen – anderenfalls wären zum Beispiel die Ölpreise höher. Infolgedessen sind viele sinnvolle Anpassungen an höhere Energiepreise zum Erliegen gekommen, seit der Ölpreis wieder gesunken ist. Wenn wir aber erst reagieren, wenn die Knappheit manifest ist, reicht die Zeit zur Anpassung nicht mehr.

Heinberg und Fridley nennen (und erläutern) fünf Hebel, an denen die Regierungen ansetzen können:

  1. "Support for an overall switch from fossil fuels to renewable energy
  2. Support for research and development of ways to use renewables to power more industrial processes and transport
  3. Conservation of fossil fuels for essential purposes
  4. Support for energy conservation in general – efficiency and curtailment
  5. Better greenhouse gas (GHG) accounting." (S. 162)

Am Wichtigsten wäre wohl, den Anpassungsdruck auf Wirtschaft und Gesellschaft aus der fernen Zukunft in die Gegenwart vorzuziehen, indem sowohl die Energiepreise als auch die Preise von Emissionsrechten schrittweise und planbar erhöht werden: Wenn allen klar wäre, dass diese Kosten Jahr für Jahr berechenbar steigen, dann könnte man (fast) alles andere dem Markt überlassen. Dann würden Verbraucher wie Unternehmen aus blankem Eigeninteresse die Maßnahmen einleiten, die erforderlich – und bei steigenden Kosten wirtschaftlich sinnvoll – wären, um sich an höhere Energiekosten anzupassen, und entsprechend würde der Verbrauch fossiler Energieträger ganz von alleine sinken.

Denn heute sind Vorstände und Geschäftsführer, selbst wenn sie die bevorstehende Entwicklung vorhersehen, in einem Dilemma: Wenn sie heute in Energieeinsparung investieren, verschlechtern sie damit zunächst einmal die Ergebnisse und setzen sich dem Vorwurf aus, aus ideologischen Gründen Fehlinvestitionen gemacht zu haben, während der Nutzen dieser Investitionen dem Unternehmen zu einem Zeitpunkt zugute kommt, an dem sie höchstwahrscheinlich nicht mehr im Amt sind.

Um die Akzeptanz für solch eine langfristige Preispolitik zu fördern, wäre es zweifellos notwendig, die gesamte Thematik offensiv zu kommunizieren. Ähnlich wie die Bevölkerung in der Mobilisierung für den Zweiten Weltkrieg aufgefordert wurde, zu sparen, Dinge wiederzuverwenden und ihre eigenen Lebensmittel anzubauen, so meinen die Autoren, müsse die Öffentlichkeit dafür gewonnen werden, diese vorweggenommenen Anpassungen mitzutragen: "We all must come to share the common understanding that climate change and our response to it constitute a wartime level of emergency, and that we all must cooperate toward a common goal." (S. 170)

Dazu wird es freilich nur dann kommen, wenn Meinungsführer und Politiker begreifen, was auf dem Spiel steht – was wiederum Druck von Bürgern und Non-Profit-Organisationen erfordert, aber auch von Wirtschaftsunternehmen, von denen ja viele ebenfalls vom Klimawandel und seinen Folgen betroffen sind.

"What We the People Can Do", erklärt das zehnte Kapitel. Es enthält nichts revolutionär Neues, sondern bekräftigt den zumindest von Vorreitern bereits eingeschlagenen Weg. Sie empfehlen zum Beispiel ein "household energy audit" (S. 174), der sich nicht auf den Stromverbrauch beschränkt, sondern zum Ziel hat, den eigenen ökologischen Fußabdruck zu erkennen und systematisch zu verringern. Weiter schlagen sie die Beteiligung an Transition-Initiativen vor, die Familien und Gemeinden dazu anregen, den Energieverbrauch zu reduzieren, eine Regionalwirtschaft aufzubauen und mehr erneuerbare Energie zu produzieren. Wichtig sei auch, auf die Kommunalpolitik Einfluss zu nehmen, denn "municipal leaders need encouragement in such efforts" (S. 177)

Wichtige Erkenntnisse

Im elften und letzten Kapitel fassen Heinberg und Fridley zusammen, was sie beim Schreiben ihres Buchs gelernt haben: "We really need a plan; no, lots of them" (S. 181). Interessanterweise nennen sie dabei die deutsche Energiewende, die bei uns viele schon abgehakt haben, als Vorbild: Unser fast vergessenes Ziel, den gesamten fossilen Energieverbrauch, also nicht nur die Elektrizität, bis 2050 um 60 Prozent zu reduzieren: "It is not a perfect plan, in that it really should aim higher than 60 percent. But it is certainly better than nothing, and the effort is off to a good start." (S. 181f.)

Sie raten, in der ersten Stufe "the 'easy' stuff" anzugehen, beispielsweise indem wir die erneuerbaren Energien konsequent ausbauen, so viel von unserem Energieverbrauch wie möglich elektrifizieren und systematisch Möglichkeiten zur Energieeinsparung nutzen. Stufe zwei ist dann "the harder stuff" und Stufe drei "the really hard stuff": Beton, Stahl etc., wie weiter oben besprochen. Das wird unweigerlich zu einem Strukturwandel sowohl auf regionaler als auf globaler Ebene führen: "Global trade will almost inevitably shrink." (S. 185) Solange es keinen "nachhaltigen" Ersatz für Kerosin gibt, werden auch Fernreisen drastisch zurückgehen – und damit vermutlich auch globale Konzernstrukturen.

"Scale is the biggest challenge", lautet ihr Resümee (S. 185): Solange man sich in einem bescheidenen Maßstab bewegt, erscheint die Energiewende machbar, aber wenn es um Vollversorgung geht, geht sie entweder zulasten der Umwelt (weil fast das ganze Land zur Energiegewinnung benötigt wird) oder zulasten der Zuverlässigkeit (wegen der Unregelmäßigkeit von Sonne und Wind) oder zulasten der Bezahlbarkeit (wegen der hohen Investitionen in Speichermöglichkeiten und redundante Kapazitäten).

"We must begin preadapting to having less energy", fordern sie (S. 187): "If energy usage in the United States could be scaled back significantly (70 to 90 percent), then a reliable all-renewable energy regime – based more upon hydro, geothermal and biomass, but with solar and wind used in situations where intermittency is not a problem – becomes much easier to envision and cheaper to engineer." (S. 186) Die Wunschphantasie, den heutigen Energieverbrauch aufrechtzuerhalten, weisen sie pointiert zurück: "Asking wheter renewable energy could enable Americans to maintain their current lifestyle is therefore equivalent to asking whether renewable energy can keep us living unsustainably." (S. 188)

Das Ende der Konsum- und Wegwerfgesellschaft

Deshalb werden wir auch nicht umhinkommen, unseren Lebensstil – und damit unsere Wirtschaftsweise – grundlegend umzustellen: "Consumerism is a problem, not the solution." (S. 189) Man kann es drehen und wenden, wie man will: Das ist das Ende der Konsum- und Wegwerfgesellschaft – und damit auch das Ende des Wirtschaftswachstums. Beides war nur möglich dank der überreichlichen Verfügbarkeit billiger fossiler Energie, aber dieses Erbe der Erdgeschichte haben wir nunmehr (fast) bis auf den letzten Rest verprasst.

Unter den veränderten Rahmenbedingungen wird unser Wohlstand nicht mehr davon abhängen, wie viel wir kaufen und wie schnell wir alle möglichen Produkte durch aktuellere Modelle ersetzen, sondern davon, wie pfleglich wir mit den Dingen umgehen und wie sorgfältig wir sie mit Blick auf ihre Haltbarkeit auswählen. Der Begriff "Qualität" wird wohl wieder die Bedeutung erhalten, die er früher hatte: Nicht eine geringe Fertigkeitsstreuung, sondern Güte und Haltbarkeit werden wieder zum Qualitätsmaßstab. Heinberg und Fridley sprechen von einer "conserver economy" (S. 190). Das sind – wenigstens in meinen Augen – durchaus keine schrecklichen Perspektiven, aber darauf müssen wir uns gedanklich vorbereiten, sowohl persönlich als auch als Gesellschaft.

Weiter stellen die Autoren fest: "Fossil fuels are too valuable to allocate solely by the market" (S. 192). Denn es gibt Verwendungszwecke, für die sie bis auf Weiteres unverzichtbar sind – und es vermutlich auch weit über den Abschluss der Energiewende hinaus bleiben werden, etwa als Rohstoffe für Chemikalien und Medikamente sowie für industrielle Zwecke. Das heißt, die Menschheit täte gut daran, die letzten Reserven für die Zukunft aufzusparen. Doch dazu sind Marktmechanismen nicht in der Lage, das kann bzw. könnte nur durch eine weitsichtige Politik geschehen.

Deshalb mahnen die Autoren zum Schluss: "To us (…) it seems wise to channel society's efforts toward no-regret strategies (…) – efforts that shift expectations, emphasizing quality of life over consumption; and efforts that result in increased community resilience. Even though it may be impossible to fully envision the end result of the renewable energy transition, we believe that it is essential for society to seek to gain a sense of its scope and general direction. That is why we have written this book." (S. 197)

Heinbergs und Fridleys Pionierarbeit muss aufgegriffen werden

Heinberg und Fridley haben damit mehr als nur "einen guten Job gemacht": sie haben Pionierarbeit geleistet. Nun wäre es an uns, ihre Vorarbeit im Großen wie im Kleinen aufzugreifen und uns an die Arbeit zu machen. Aber stattdessen machen wir so weiter wie bisher. Zwar finden internationale Konferenzen von Rio über Kopenhagen und Paris bis Marrakesch statt, die im Schneckentempo Kompromisse aushandeln und freiwillige Vereinbarungen abschließen. Aber parallel dazu forciert die Politik dritte Startbahnen, den sechs- bis achtspurigen Ausbau von Autobahnen und blockiert den Ausbau der Windenergie. Und auch sonst leben wir als ob es kein Morgen gäbe.

Das hat etwas von magischem Denken: Wenn wir einfach so weitermachen wie bisher, wird doch auch alles so bleiben wie bisher, oder? Also lieber nicht darüber nachdenken – man soll Probleme schließlich nicht herbeireden. Besser shoppen gehen. Das kurbelt doch auch die lahmende Wirtschaft an: Konsum ist die erste (und angenehmste) Bürgerpflicht.

Aber natürlich beseitigt das entschlossene Wegschauen das Problem ebenso wenig wie wenn kleine Kinder sich die Augen zuhalten. Mit dem Ökosystem kann man keine Kompromisse aushandeln. Stattdessen verschenken wir wertvollen Bremsweg. Offensichtlich ist die Menschheit entschlossen, die Grenzen unseres Ökosystems in einem gigantischen Großversuch durch entschlossenes Unterlassen auszutesten. Schauen wir einfach mal, ob die fossilen Energieträger tatsächlich endlich sind, ob der Klimawandel tatsächlich existiert, ob das Artensterben und die Zerstörung der Regenwälder tatsächlich negative Auswirkungen auf die Menschheit haben.

Falls nicht – welch ein Glück, dass wir uns nicht irre machen ließen und das Konsumzeitalter weiter ausgekostet, keine Kurzreise und kein Wegwerfprodukt ausgelassen haben. Falls doch, dumm gelaufen, aber auch nicht so schlimm – jedenfalls nicht für die ältere Generation. Denn sie trifft es ja nicht mehr oder nur noch in den ersten Ausläufern. Pech gehabt haben die Kinder und Enkel. Und deren Enkel. Aber warum soll man sich heute schon über Probleme den Kopf zerbrechen, die vielleicht erst in 20, 30 oder 50 Jahren eintreten? Oder vielleicht auch gar nicht: Die Steinzeit ist ja schließlich auch nicht … Übermorgen ist weit – also lasst uns diese Schwarzseher ignorieren und das Hier und Jetzt in vollen Flugzeugen genießen. The party must go on!

Schlagworte:
Erneuerbare Energien, Peak Oil, Fossile Energieträger, Ökosystem, Endlichkeit, Weltwirtschaftskrise

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