Um 10 – 15 Prozent können die Materialkosten im Zuge von Fusionen gesenkt werden und so erhebliche "Non-Labor-Savings" erbringen. Voraussetzung ist, dass der Schwerpunkt nicht bei blindem Kostendrücken liegt, sondern auf den "Total Costs of Ownership
Der alte Lehrsatz "Im Einkauf liegt der Gewinn" gilt bei Fusionen und Übernahmen ganz besonders, weil hier auch die Lieferanten verunsichert und deshalb zu besonderen Anstrengungen bereit sind, um ihr Geschäft zu behalten. Voraussetzung ist freilich, sich dieses Themas frühzeitig anzunehmen und es mit einer intelligenten Strategie des "Purchasing and Supply Management" (PSM) zu betreiben. Jene 10 – 15 Prozent Materialkostenersparnis, welche die vier McKinsey-Berater hier in Aussicht stellen, sind in der Tat aus mehreren Gründen äußerst attraktiv: Erstens, weil 10 – 15 Prozent der Einkaufskosten typischerweise 3 – 6 Prozent des Betriebsergebnisses entsprechen – das ist durchaus ein Wort, angesichts der Tatsache, dass "up to 60 percent of mergers fail to create shareholder value within 10 years" (Online-Version S. 1). Zweitens lässt sich ein Großteil diese Einsparungen relativ schnell realisieren, und drittens handelt es sich um Einsparungen, die (endlich einmal) nicht am Personal ansetzen und infolgedessen sehr viel weniger belastend für das Betriebsklima und die Mitarbeiterloyalität sind.
Um solche Einsparungen zu erreichen, ist es freilich nicht damit getan, wie die Autoren es sarkastisch beschreiben, die Preislisten nebeneinander zu legen und jeweils den besseren Preis zu nehmen. Sie empfehlen sechs Leitgedanken für die ersten 30 Tage. Das beginnt damit, schnell wieder für personelle Stabilität zu sorgen und zweitens die zentrale Bedeutung von PSM für die Refinanzierung der Fusion ("recapturing the merger premium") deutlich zu machen. es geht weiter damit, hohe Ziele für die PSM-Kostenersparnisse zu formulieren, einen hochrangigen, angesehenen Manager mit dieser Aufgabe zu betrauen und bewusst schnelle Erfolge anzustreben, wie etwa, die Hälfte des Einsparziels binnen 6 bis 12 Monaten zu realisieren. Und schließlich müssen die Mitarbeiter dazu bewegt werden, das Beschaffungsgeschäft auf neue Weise zu betreiben. Vor allem muss es sich sämtlicher Beschaffungskosten annehmen und nicht nur der 30 – 60 Prozent, die traditionell über den Einkauf laufen, und es muss sich auf die "Total Costs of Ownership" statt auf den nackten Einkaufspreis fokussieren. (Sehr wichtig in diesem Zusammenhang der Hinweis, dass über reine Preisverhandlungen in der Regel nicht mehr als magere 2 – 3 Prozent der Kosten eingespart werden können.)
In den Folgejahren, so empfehlen die McKinsey-Berater, muss das PSM-Geschäft stabilisiert und professionalisiert werden. Dazu zählt zunächst der Aufbau einer Leistungsmessung, die sicherstellt, dass die Kostenersparnisse wirklich im Geschäftsergebnis ankommen und nicht irgendwo anders absorbiert werden. Weiter gehe es darum, eine "world-class PSM organization" aufzubauen und PSM in den "status as a virtual line of business" zu erheben. Vielleicht ist es nur ein Platzproblem, dass es hier ein wenig hohl tönt. Der Einkauf als ein eigenes Profit-Center? Spontan hätte ich die Sorge, dass die Probleme, die ein solcher Schritt schafft, schlimmer sind als die, welche er löst. Auch die abschließenden fünf "Mistakes To Avoid" reißen mich nicht vom Hocker: "Too much democracy", "Poor skills", "Conflicting processes", "Lack of facts" und "Inadequate Resources". Klar doch.
Trotz dieser Einwände lohnt der Artikel das Lesen – auch und gerade für Top Manager und Integrationsberater, die ansonsten mit dem Thema Einkauf oder, zeitgemäß, "Purchasing and Supply Management" wenig am Hut haben.
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