Ich hätte es wissen können. Denn so keck und kreativ der Titel auch ist, was Brauchbares sollte ein "Newcomer's Guide to the Afterlife" bringen? Laut Covertext kann man das Buch als Parabel, als Allegorie oder als Fiktion lesen. Aber man muss nicht.
Da wir alle frühestens nach unserem Tod erfahren werden, ob es überhaupt ein Leben nach dem Tod gibt und falls ja, wie es sich ausgestaltet (bzw., falls es keines gibt, wohl nicht einmal erfahren werden, dass wir es nicht erfahren werden), bleibt einer "Einführung in das Leben nach dem Tode" nur das Niemandsland zwischen Fiktion und Posse. Doch selbst eine Posse leidet darunter, wenn man die Realität nicht kennt, die durch sie verulkt werden soll. Wahrscheinlich ist es doch klüger, mit den Details des Lebens nach dem Tode zu warten, bis wir sicher sein können, dass es eines gibt.
Was hat mich überhaupt dazu veranlasst, dieses Buch zu kaufen? Die Hoffnung auf eine Weiterführung der Gedanken, die Daniel Quinn in seinen Büchern "Ishmael", "My Ishmael" und "The Story of B" entwickelt hat (siehe Rezensionen). Schon in diesen Büchern hatte er sich ja recht eigenwillige bis skurrile Plots für die Vermittlung seiner Gedanken einfallen lassen. Warum also nicht diesmal einen "Newcomer's Guide ..."?
Leider total daneben. Das Buch entpuppt sich als ein "Creative Writing Exercise", das offenbar nicht rechtzeitig abgebrochen wurde. Nur an wenigen Stellen lassen sich Anflüge dessen erahnen, was aus diesem Ansatz hätte werden können. Einen Ansatz dazu hätte die Beschreibung geboten, die Quinn und Whalen von ihrem gott- und götterlosen Jenseits geben: Nach ihrer Idee sind die Verstorbenen dort die gleichen Persönlichkeiten, die sie zu Lebzeiten waren; der einzige Unterschied ist, dass sie durch den Tod bedürfnislos geworden sind: Aus der Notwendigkeit, zu essen, zu trinken und zu schlafen, ist so eine Möglichkeit geworden, von der man Gebrauch machen kann, aber nicht muss. Infolgedessen entfällt auch die Notwendigkeit, für seinen Lebensunterhalt zu arbeiten.
Dieses Szenario hätte die Chance eröffnet, auszumalen, wie in solch einer Welt Himmel, Hölle und Fegefeuer parallel und am gleichen Ort existieren, gerade weil ihre Bewohner, von allen alltäglichen Notwendigkeiten entbunden, noch in weitaus größerem Umfang zum Gestalter ihres Schicksals werden als in diesem unserem Erdenleben. Eine weitere Chance wäre gewesen, gedanklich durchzuspielen, wie sich eine Gesellschaft entwickelt, in der es, gerade weil niemand mehr für seinen Lebensunterhalt arbeiten muss, auch keine Möglichkeit mehr gibt, große Investitionen vorzunehmen oder Menschen in seinen Dienst zu stellen, jedenfalls nicht auf einem anderen Weg als über absolute Freiwilligkeit. Das wäre zugleich eine Möglichkeit gewesen, einmal gedanklich durchzuspielen, wie eine moderne Welt aussehen könnte, in der die Nahrungsmittel nicht "hinter Schloss und Riegel" sind (wie es Quinn in seinen früheren Büchern als Wesensmerkmal unserer Zivilisation herausgearbeitet hat).
Einige Ansätze zu solchen Überlegungen enthält das Büchlein in der Tat, doch statt der individuellen und sozialen Dynamik solch veränderter Rahmenbedingungen nachzuspüren, verzetteln sich Quinn und Whalen in Tausend Einzelheiten, die sich kaum zu lesen, geschweige denn, zu merken lohnen. Zwar blitzen dabei zwischendurch auch mal ein paar erfrischend kreative Funken auf, wie zum Beispiel "Is there a afterlife after afterlife?" Doch alles in allem bleibt das langatmig, langweilig und ermüdend. Wie auch immer: Falls dieses Buch humoristisch gemeint war, habe ich den Gag nicht verstanden. Falls es ernst gemeint ist, habe ich den Sinn nicht verstanden. Und falls das "Creative Writing" ist, kann es mir getrost gestohlen bleiben!
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