Die Umsetzungsberatung

Rezensionen






Winfried Berner:
Culture Change

Unternehmenskultur als Wettbewerbsvorteil

Culture Change: Unternehmenskultur als Wettbewerbsvorteil

Für weitere Informationen
klicken Sie bitte hier.
 

Winfried Berner:
"CHANGE!" (Erweit. Neuauflage)

20 Fallstudien zu Sanierung, Turnaround, Prozessoptimierung, Reorganisation und Kulturveränderung

Change! - 20 Fallstudien zu Sanierung, Turnaround, Prozessoptimierung, Reorganisation und Kulturveränderung

Für weitere Informationen
klicken Sie bitte hier.
 

Winfried Berner:
"Bleiben oder Gehen"

Bleiben oder Gehen

Für weitere Informationen
klicken Sie bitte hier.
 

Dienstanweisungen und Grundsätze für Post-Merger-Integration

Grube, Rüdiger; Töpfer, Armin (2002):

Post Merger Integration

Erfolgsfaktoren für das Zusammenwachsen von Unternehmen

Schäffer Poeschel (Stuttgart); 234 S.; 49,95 Euro


Nutzen / Lesbarkeit: 3 / 7

Rezensent: Winfried Berner, 11.08.2006

Jetzt bei Amazon.de bestellen

Sehr enttäuschend. Ein renommierter Verlag, zwei hochrangige Autoren, hochwertige Aufmachung, hoher Preis, doch oberflächlicher Inhalt. Wirkt wie die Auswertung eines umfangreichen Archivs, die von wenig Zeit oder Lust zur Vertiefung getragen war.

Wenn ein hochrangiger Konzernmanager gemeinsam mit einem angesehenen Wissenschaftler ein Buch über eine brennende praktische Problemstellung schreibt, darf man gespannt sein: Das verspricht eine enge Theorie-Praxis-Verzahnung, die sowohl für die Theorie als auch für die Praxis erheblichen Nutzen bringen kann. Solch ein Theorie-Praxis-Gespann haben wir bei den Autoren von "Post Merger Integration" vor uns: Dr. Rüdiger Grube war zum Zeitpunkt der Veröffentlichung stellvertretendes Vorstandsmitglied der DaimlerChrysler AG, Prof. Dr. Armin Töpfer Inhaber des Lehrstuhls für Marktorientierte Unternehmensführung an der TU Dresden und dem Hause Daimler-Chrysler durch langjährige Beratungstätigkeit verbunden; unter anderem "leitete er von 1999 – 2002 eine wissenschaftlich-praxisorientierte Analyse der Post Merger Integration von DaimlerChrysler." (S. 231) Und so ist es nicht verwunderlich, dass der Daimler-Chrysler-Merger auch diesem Buch Pate gestanden hat – was sich auch in einem weitgehend inhaltsfreien Vorwort von Jürgen E. Schrempp niederschlug.

Doch dieser enge Daimler-Chryler-Bezug hat auch seine Schattenseiten, zumal er als das dominierende Studienobjekt dieses Buches dient: Wie offen können und wollen Autoren, die einem Konzern so eng verbunden sind, auch über gemachte Fehler reden, vor allem wenn es sich nicht um kleine Missgeschicke handeln sollte, sondern um größere Fehler im Prozess oder gar um strategische Fehlentscheidungen? Sind sie nicht in der Gefahr, schon im Interesse einer positiven Selbstdarstellung eine Erfolgsstory zu präsentieren und über Dinge großzügig hinwegzusehen, die nicht so gut gelaufen sind, aus denen man aber gerade deswegen viel lernen könnte?

Nachdem sie im 1. Kapitel das "Konzept des Buches" – oder genauer: die Themen der zwölf Kapitel – vorgestellt haben, erläutern Grube und Töpfer im zweiten auf beinahe 40 Seiten die "Zunehmende Bedeutung von Mergers & Acquisitions". Man kann sich fragen, wie relevant diese Darlegungen für das eigentliche Thema des Buches sind, denn was auch immer die Gründe sind, die zu Fusionen und Übernahmen führen: Bei der Post-Merger-Integration geht es ausschließlich darum, die bereits erfolgte strategische Weichenstellung möglichst rasch und reibungslos umzusetzen. Und so bekommt dieses Kapitel einen Beigeschmack von Materialrecycling: Es wäre doch schade um die schönen Folien gewesen ...

Doch wer dieses Fass aufmacht, sollte dann auch tragfähige Argumente liefern. Und hier erwecken die Autoren zumindest punktuell den Verdacht mangelnder Sorgfalt – etwa wenn sie eine Grafik von Müller-Stewens wiedergeben, die für die USA (warum eigentlich USA?) seit 1895 fünf Fusionswellen ausmacht, deren Spitzen von rund 1000 an der vorletzten Jahrhundertwende bis auf rund 9200 an der letzten anstiegen: Das mag ja stimmen, aber müsste die Anzahl der Fusionen und Übernahmen nicht in Relation zur Gesamtzahl der Unternehmen und zur Größe der betreffenden Volkswirtschaft gesetzt werden, statt sie absolut zu betrachten? Dann kämen vielleicht keine so spektakulären Trends mehr heraus, aber dafür eine treffendere Beschreibung der Realität. Sollte sich die Zahl der Unternehmen in den USA seit 1895 mehr als verzehnfacht haben, wäre der prozentuale Anteil der Fusionen und Übernahmen sogar rückläufig!

Zweifel hinterlässt auch die Wiedergabe einer Untersuchung von A. T. Kearney, wonach sich "ein typischer Verlauf der Konzentrationstendenzen in allen untersuchten 24 Branchen" ergab, der angeblich "die Form einer S-Kurve mit einem Zeitbedarf von mehr als einer Dekade" hat (S. 6f.). Die Studie wird nicht ausführlich genug referiert, um sie beurteilen zu können; die wiedergegebenen Belege für die Existenz dieser S-Kurve sind jedoch äußerst dürftig; es handelt sich lediglich um eine Grafik, in der 13 (von 24 untersuchten!) Branchen in eine Grafik eingezeichnet sind, in der der Konzentrationsgrad auf einer fiktiven Zeitachse (von -5 bis 20 Jahre) dargestellt ist. Nun hat ja bereits Karl Marx die Konzentrationstendenzen des Kapitalismus vorhergesagt, doch weshalb sich die Branchen am Ende der S-Kurve wieder dekonzentrieren sollten, wie Grube/Töpfer bzw. A. T. Kearney am singulären Beispiel der Schuhhersteller behaupten, das bleibt ihr Geheimnis. Zweifel habe ich auch, ob die als einziges Beispiel genannte Schuhindustrie jemals konzentrierter war als heute oder ob in dieser Branche einfach nur die Synergiepotenziale, die aus der schieren Unternehmensgröße entstehen, geringer sind als beispielsweise in der Tabakindustrie oder im Schiffbau.

Diese Kritikpunkte sind in meinen Augen insofern nicht bloß Beckmesserei, als man von einem Werk, das mit dem Anspruch eines hohen wissenschaftlichen Standards antritt, erwarten kann und muss, dass es nicht bloß gängige Glaubenssätze mit Zitaten und Grafiken hinterlegt, sondern die dahinter stehenden Annahmen kritisch überprüft. Wer das Fass der volks- und weltwirtschaftlichen Trends aufmacht, müsste dann auch die zentralen Entwicklungslinien herausarbeiten und mit schlüssigen theoretischen Modellen sowie harten Fakten untermauern. Und er sollte bereit sein, dies nötigenfalls mit eigenen Recherchen zu untermauern, statt bloß einige aus anderen Quellen übernommene eindrucksvolle Bildchen wiederzugeben.

Reichlich oberflächlich ist auch die Analyse der "Gründe für das Scheitern von M & A", mit denen das dritte Kapitel aufwartet. Grube und Töpfer beginnen mit einer Folie, auf der sie reißerisch die Angaben diverser Beratungsfirmen wiedergeben, die zwischen 57 Prozent (Mercer) und 85 Prozent (A. T. Kearney – gewonnen!) variieren, ohne anzugeben, was jeweils das Kriterium des Scheiterns ist. Allein die Bandbreite von 57 bis 85 Prozent müsste doch misstrauisch machen und den Verdacht nahelegen, dass hier unterschiedliche Maßstäbe zugrunde gelegt wurden! Im weiteren Verlauf trennen die Autoren unter der Überschrift des Scheiterns nicht zwischen untersagten, geplatzten und wirtschaftlich nicht erfolgreichen Fusionen und Übernahmen – kein Wunder, dass da auch die Zahlen auseinandergehen!

Ausführlicher referieren sie sodann drei Studien über die Ursachen des Scheiterns von A. T. Kearney, Jansen und Kohtes Klewes. Eine Beschreibung der jeweils eingesetzten Methodik fehlt allerdings ebenso wie deren kritische Bewertung. Wie das Literaturverzeichnis ausweist, handelt es sich bei der angeblichen "Analyse von 115 Unternehmen" (S. 47) von A. T. Kearney um deren "Global PMI Survey", also wohl um eine Fragebogenerhebung. Die Studie von Kohtes Klewes wird als "Meinungsbarometer" ausgewiesen, also wohl ebenfalls eine Umfrage. Doch Befragungen sind bei einer so schwierigen Materie eine äußerst zweifelhafte Erkenntnisquelle: Hätte man im Mittelalter eine Expertenbefragung durchgeführt, hätte man eine sehr hohe Übereinstimmung gefunden, dass die Erde eine Scheibe ist. Doch was wäre die Beweiskraft eines solchen "Survey" gewesen? Auch die Abfrage der Annahmen von Managern, die ein oder zwei Fusionen miterlebt haben, liefert eher eine Bilanz der derzeit herrschenden Glaubenssätze als einen Zugang zu den tatsächlichen Risiko- und Erfolgsfaktoren.

"Zwölf Grundsätze für Mergers & Acquisitions" verspricht das vierte Kapitel, bei dem es sich offenbar um die Sekundärverwertung eines älteren Artikels von Töpfer handelt. Dass sich der Lektor nicht viel mehr Mühe gemacht hat als die Autoren, dokumentiert etwa der siebte Grundsatz. Danach soll kein Zeitplan aufgestellt werden, "der 100 Prozent aller anfallenden Tätigkeiten umfasst"; stattdessen "sollte nach dem Pareto-Prinzip ein Anteil von 80 Prozent möglichst schnell realisiert werden." (S. 57) Nun besagt das Pareto-Prinzip bekanntlich, dass in der Regel mit 20 Prozent des Aufwands 80 Prozent des Ergebnisses erzielt werden. Lautet die Empfehlung der Autoren also, sich "nach dem Pareto-Prinzip" auf jene 80 Prozent der Aufgaben zu konzentrieren, welche die restlichen 20 Prozent des Ergebnisses beitragen? – Völlig unvermittelt geht das "Grundsätze-Kapitel" mit "4.1. Die Ausgangssituation im DaimlerChrysler-Merger" und "4.2. Die Vorbereitung des DaimlerChrysler-Mergers" weiter. Dort werden nicht etwa die zuvor genannten zwölf Grundsätze aufgegriffen und am DC-Beispiel exemplifiziert, sondern es folgt jeweils am Anfang des Abschnitts ein 13. und ein 14. Grundsatz – was unweigerlich die Frage nach der Beliebigkeit aller dieser Grundsätze aufwirft.

Fünf schlecht erklärte "Instrumente für den Erfolg von M & A" listet Kapitel 5 auf. Völlig unverständlich die Ausführungen zur "Anreiz-Beitrags-Theorie", eher banal die "Analyse des strategischen Fit", aus der sich im Wesentlichen ergibt, dass Traumpartner auch in der Wirtschaft selten sind, kryptisch die Aussagen zur Szenario-Analyse. Damit nicht der Verdacht entsteht, ich würde die Dinge vielleicht doch zu negativ wahrnehmen, hier ein Zitat: "Wenn auf die entwickelten Szenarien der aus den formulierten Strategien des Unternehmens resultierende strategische Korridor gelegt wird, dann ist hierdurch zugleich der Entwicklungsspielraum von Abweichungen und der hieraus resultierende Handlungsspielraum erkennbar (siehe Abb. 5.3.-2). Die Volatilität der zukünftigen Unternehmensentwicklung determiniert also die Richtung und die Intensität von strategischen und operativen Maßnahmen." (S. 69) Hallo Lektor, wo waren Sie, als dieses Buch entstand?

Unter "Vergangenheits- und zukunftsbezogener Due Diligence" taucht dann plötzlich das EFQM-Modell auf, das "in vereinfachter Form ausgedrückt und darstellt, ein 'Wasserstandsmodell'" liefert, welches uns wenige Zeilen später als "eine differenzierte Analyse" präsentiert wird, aus der "beispielsweise erkennbar [ist], dass das Unternehmen, bezogen auf Vision und Strategie, eine gute Konzeption entwickelt hat, aber die Umsetzung deutliche Schwächen und Defizite ausweist." (S. 72) Am ausführlichsten dargestellt ist in diesem Kapitel ein "Prozessbegleitender Einsatz der Balanced Score Card bei M & A". Der kann für das Controlling einer Post-Merger-Integration möglicherweise wirklich nützlich sein, sofern die Voraussetzungen hierfür gegeben sind. Die zahlreichen abgedruckten Folien wirken mit ihrer Textfülle und unerforschlichen grafischen Gestaltung allerdings wie die unredigierten Folien von Junior-Beratern. Mir jedenfalls ist es nicht gelungen, ihnen irgendeine Erkenntnis abzuringen.

Von der "Vernetzung der Post Merger Integration in den Gesamtprozess" (in welchen Gesamtprozess?) handelt das 6. Kapitel. Da geht es um so wohlklingende Dinge wie um "Generalstabsmäßige Planung ohne Flexibilitätsverlust" – ein nettes Beispiel dafür, welch widersprüchliche Dinge man ex cathedra postulieren kann, ohne dass sich das Papier (oder der Lektor) dagegen wehrt –, um "Organisationsgestaltung vor Beginn der PMI", die dem eindrucksvollen Grundsatz folgt: "Die Projektorganisation ist in der Komplexität den einzelnen Phasen anzupassen." (S. 95) Es folgt – nice to meet you again – "6.3. Strategische Analyse und Konzeption in der Pre Merger Phase des DaimlerChrysler Mergers" (S. 96). Mittlerweile sind wir auf Seite 102 (von netto 217) angelangt, und noch immer war in diesem Buch, das angeblich von Post-Merger-Integration handelt, weder von den betroffenen Mitarbeitern die Rede noch von Kommunikation noch von Kunden noch von Sorgen, Ängsten und Abwanderungstendenzen.

Um "Teilphasen der PMI" geht es im 7. Kapitel, und hier unterscheiden die Autoren zwischen der "Start-up Phase", der "Projektumsetzungs-Phase" und der "Business-Transformation Phase". Das klingt ein bisschen nach Bullshit-Bingo, und so kommt es dann auch. In der "Projektumsetzungs-Phase" zum Beispiel werden nach Aussage der Autoren zwei Zielsetzungen verfolgt: "Erstens sind im Bereich der Hard Facts Synergien zu heben, und zweitens muss eine Integration von weichen Erfolgsfaktoren vorgenommen werden, es gilt also auch die Soft Facts zu gestalten. Zugleich ist eine regelmäßige Erfolgskontrolle vorzusehen, die den Status und die Steuerung auf der Basis der PMI-Infobase ermöglicht. Diese steht im direkten Bezug zum PMI-Network." (S. 104) Bingo!

Wie hilflos die Autoren dem sozialen Prozess der Integration gegenüberstehen, wird aus ihren "Grundprinzipien und PMI-Guidelines" (S. 111) deutlich. Unter dem Grundsatz "Zusammenschweißen der Projektteams schafft schnelle Aktionsfähigkeit" führen sie etwa aus: "Die zweite Spielregel bezieht sich darauf, dass innerhalb der 'bunt zusammengewürfelten' PMI-Mannschaft eine Teambildung und damit ein Teamgeist geschaffen werden sollte. Wichtig gerade in einem Unternehmen mit 480.000 Mitarbeitern war es, sehr schnell arbeitsfähig zu werden. Hierzu gilt es, ein Team zügig zu formen, in welchem Ziele ausgearbeitet werden, an denen sich die Aktivitäten und das gesamte Handeln ausrichten. Die Errichtung [sic] der PMI-Mannschaft sollte weltweit ein Benchmark für Fusionen setzen." (S. 112f.) Bevor wir erneut "Bingo!" rufen: Sollte es hier nicht eigentlich um das Zusammenschweißen gehen? Volle 5 1/3 Zeilen widmen die Autoren dann dem Grundsatz "Kommunikationslücken vermeiden". Das reicht gerade mal für einen Verweis auf Kapitel 9.

Leider erhellen auch die restlichen Kapitel kaum, was man als Integrationsmanager tun kann und sollte, um einer Integration zum Erfolg zu verhelfen. Kapitel 8 stellt das "PMI-Network" vor, das sich als ein Controlling-Instrument zur Integrationssteuerung entpuppt, in Kapitel 9 geht es um "Interne und externe Kommunikation zur Absicherung des Erfolges", Kapitel 10 behandelt den "Prozess der Vernetzung der Unternehmenskulturen und des interkulturellen Lernens", in Kapitel 11 geht es um "Sanierung als mögliches Problem einer PMI" und Kapitel 12 schließlich liefert eine "Checkliste für eine erfolgreiche PMI". Doch gerade die wichtigen Kapitel 9 und 10 bleiben so allgemein und unverbindlich, dass ich mir auf diesen 52 Seiten trotz zweifachen Lesens gerade mal einen Absatz angestrichen habe, nämlich ein Beispiel, wie Cisco es bei einer Übernahme angestellt hat, die Leistungsträger eines übernommenen Unternehmens bei der Stange zu halten.

Was im Laufe des Buches immer mehr nervt, ist zum einen der "Dienstanweisungsstil", den die Autoren immer wieder anschlagen, zum anderen die Überfülle an Grundsätzen, Prinzipien und Guidelines, mit denen sie ihre Leser eindecken. Aus der Pose des Vorstands, der seinen nachgeordneten Chargen Richtlinien für die Ausführung seiner Edikte mit auf den Weg gibt, formulieren sie ohne falsche Scheu vor der Banalität, was jeweils "zu beachten" oder "einzuhalten ist". Wenn sich der übernahme- oder Fusionspartner etwa als Sanierungsfall herausstellt, "... sind Wirkungsbeziehungen und Risiken aussagefähig zu analysieren", "Ergebnisse sind mit einem klar definierten und nachvollziehbaren Risikoabschlag zu bewerten", "Nach außen ist die Kommunikation des Sanierungsfalls zeitlich genau geplant und inhaltlich so dosiert zu vermitteln, dass die Glaubwürdigkeit des Unternehmens und das Vertrauen in das Vorhaben nicht darunter leiden" und "Nach innen sind alle für die nachhaltige Restrukturierung erforderlichen Ressourcen zu aktivieren und Kräfte zu bündeln" (S. 199f.). Kein Sterbenswörtchen verlieren sie bei solchen Erlassen über die Frage, was konkret getan werden sollte und worauf es dabei besonders ankommt – so als wäre es völlig trivial, eine solche Sanierung durchzuführen, wenn man nur ihre Dienstanweisungen beachtete. Stattdessen vergeuden sie wertvollen Platz mit oberflächlichen Berichten über die HVB, AOL Time Warner und – natürlich – DaimlerChrysler, so als ob belegt werden müsste, dass der Fall einer Sanierung im Zuge einer Integration tatsächlich vorkommt.

Ähnlich nervig ist auf die Dauer die Vorliebe der Autoren für Grundsätze und "Guidelines". Jeder einzelne Abschnitt wird mit einem sogenannten "Grundsatz" eingeleitet; inhaltlich sind diese Grundsätze eine bunte Mischung aus unbewiesenen Regelbehauptungen ("Die Kommunikation nach außen bestimmt auch die Wahrnehmung und Einstellung zum M&A-Vorhaben im Unternehmen", S. 151), perspektivischen Einordnungen ("Die Identifikation von Konsensinseln unterstützt die Bildung einer neuen gemeinsamen Unternehmenskultur"; S. 161) und (meist sehr vagen) Empfehlungen ("Die Projektorganisation ist der Komplexität der einzelnen Phasen anzupassen"; S. 95). Insgesamt kommen allein auf diese Weise mehr als 40 "Grundsätze" zusammen. Da die Autoren aber offenbar die Sorge plagt, dies könnte nicht reichen, um ihren Lesern die nötige Orientierung zu vermitteln, reichern sie ihr Buch mit zahlreichen weiteren Prinzipien, Guidelines und Richtlinien an ("Zwölf Grundsätze für M & A", vier "Schlüsselfaktoren", sieben "Grundprinzipien und PMI-Guidelines" etc.), sodass der geplagte Leser in Summe auf runde 70 – 80 Grundsätze kommt. Wenn er die alle strikt beachtet, kann bei seiner Integration ganz bestimmt nichts mehr schiefgehen.

Insgesamt hinterlässt das Buch den Eindruck, als hätten die beiden Autoren ihr umfangreiches Archiv aus Konzepten, Vorträgen und Seminarbausteinen verwertet, es mit rosig getönten Auszügen aus Lenkungsausschuss-Präsentationen und Führungskräfte-Workshops aus dem DC-Merger angereichert, aber nicht die Zeit oder nicht die Lust oder nicht die Fähigkeit gehabt, dieses Rohmaterial zu einem Buch durchzuarbeiten, das sich wirklich am Nutzen des Lesers interessiert. Auch haben sie es versäumt, ihre beherrschende Fallstudie aus kritischer Distanz so zu bewerten und zu verarbeiten, dass man als Leser das bei DaimlerChrysler gewählte Vorgehen nicht nur zur Kenntnis nehmen, sondern wirklich etwas daraus lernen kann. Aber um Gesetzmäßigkeiten oder auch nur fundierte Empfehlungen abzuleiten, ist eine Stichprobe von n = 1 wohl auch einfach zu mager, und diesem Mangel können eingestreute Beispiele aus anderen Fusionen, die offenkundig ganz überwiegend aus der Lektüre von Zeitungen und Management-Zeitschriften stammen, nicht wirklich abhelfen. Deshalb lautet das betrübliche Fazit: Zutiefst enttäuschend – nicht nur gemessen an den hohen Erwartungen, die Verlag, Autoren und Aufmachung geweckt haben, sondern auch an dem, was man von einem 50-Euro-Buch mit dem Titel "Post Merger Integration" fairerweise erwarten kann.

Schlagworte:
Post-Merger-Integration

Plagiate dieser Website werden automatisiert erfasst und verfolgt.