Kurzer, aber ausgesprochen lehrreicher Artikel über die Erfolgsfaktoren von Akquisitionen. Entscheidend ist demnach zum einen ein realistisches strategisches Konzept, zum anderen die Unternehmenszugehörigkeit des verantwortlichen Managers!
Dieser kurze Artikel enthält mehr Erkenntnisse über die Erfolgsfaktoren von Fusionen und Übernahmen als so manche umfangreiche Abhandlung. Das liegt auch an der verwendeten Methodik, denn die beiden McKinsey-Berater haben nicht die x-te Fragebogenerhebung durchgeführt, sondern "20 interviews with business-development officers" (S. 8) durchgeführt. Und solch eine Expertenbefragung ist bei solch einem komplexen und schwierigen Thema mehr wert als eine 100-fach größere Stichprobe, die nur Aufschluss über die Spekulationen von Leuten gibt, die auch nicht wissen, wie es geht. Erfahrung und Kompetenz sind bei einem solchen Thema nun einmal mehr wert als Menge.
Gleich zu Beginn warten Palter und Srinivasan denn auch mit einem Befund auf, der frontal mit gängigen Glaubenssätzen über Fusionen und Übernahmen kollidiert: "World-class M & A teams made up of former investment bankers and lawyers ar not a differentiator of performance." (S. 8) Stattdessen und beinahe etwas verlegen stellen sie fest: "Instead, the tenure of an executive was a differentiator." (S. 8) Das wird noch deutlicher, wenn sie erfolgreiche und erfolglose Käufer vergleichen: "M&A executives at rewarded acquirers had significantly more experience at their companies, albeit in different roles." (S. 11) Während sich die Zahl der Jahre in der gegenwärtigen Position "nur" um den Faktor 1,5 unterschied, lag die durchschnittliche Zahl der Dienstjahre bei ihrer jetzigen Firma beim dreifachen (14,0 vs. 4,7).
Das ist überraschend und spannend, weil für den Erfolg offenbar nicht, wie man vermuten könnte, die M&A-Erfahrung der Manager entscheidend ist, sondern die Dauer ihrer Firmenzugehörigkeit. Das muss bedeuten, dass für den Erfolg firmenspezifische Dinge besonders wichtig sind, wie etwa eine tiefe Vertrautheit mit dem Geschäftsmodell, aber wohl auch mit der Unternehmenskultur: "The fact that an M&A executive at a rewarded acquirer has a deeper knowledge of the culture, people, and capabilities of the company undoubtedly helps the executive to navigate corporate politics and identify targets that truly address a company's needs. It also ensures support from key people in the business units." (S. 11) Ich finde das deshalb so bemerkenswert, weil dafür ja Dinge ausschlaggebend sein müssen, die zwischen dem 4. und dem 14. Jahr der Unternehmenszugehörigkeit noch erheblich wachsen – wie zum Beispiel der Grad der Vernetzung, das heißt, die Anzahl der Menschen, die man in unterschiedlichen Teilen des Unternehmens kennt und die bereit sind, einem einen Vertrauensvorschuss zu geben. Oder aber, und auch diese Hypothese ist nicht auszuschließen, Firmen, in denen die Führungskräfte eine so hohe Zugehörigkeit aufweisen, sind in irgendeiner Weise anders, die ihre Integrationsfähigkeit stärkt.
Als weiteren Erfolgsfaktor machen die beiden McKinsey-Berater deutlich: "M&A is a tool, not a strategy" (S. 8) Unternehmen, die über massive Zukäufe wachsen, können ihren Aktienkurs kurz- bis mittelfristig zuweilen erheblich steigern. Irgendwann erreichen sie jedoch ein Plateau, weil ihnen die attraktiven Akquisitionsziele ausgehen: "Stock prices then sag, reflecting anticipated slower growth." (S. 9) Deshalb empfehlen Palter und Srinivasan: "M&A shouldn't be a strategy on its own. Instead, it ought to be a tool to fill strategic holes (such as diversifying an asset profile or expanding a geographic footprint) that can't be filled as efficiently on an organic basis." (S. 9)
Für eine erfolgreiche Integration sei weiterhin wichtig, frühzeitig die betroffenen Geschäftsbereiche einzubeziehen: "Rewarded acquirers were more than twice as likely to involve their business units in acquisitions from start to finish, including origination, due diligence, negotiation, and integration." (S. 10) Manche erfolgreichen Akquisiteure gehen sogar soweit, den betroffenen Geschäftsbereichen die Führung des Prozesses ganz zu übertragen – was aber wohl nur für kleinere bis mittelgroße Zukäufe gemeint sein kann.
Und einen letzten Punkt macht diese kleine, aber ausgesprochen wertvolle McKinsey-Studie deutlich: Erfolgreiche Käufer tendieren sehr viel weniger als erfolglose dazu, Akquisitionen als Universalheilmittel für bestehende Probleme im eigenen Geschäft anzusehen: "In our experience, it's very difficult for an underperforming acquirer to improve its performance dramatically by acquiring a leading competitor and extracting its capabilities." (S. 11f.) Erfolglose Käufer neigen offenfar dazu, übertriebene Erwartungen mit ihren Akquisitionen zu verbinden. Das zeigt sich, wenn sie ihre Kaufmotive aus einer Liste mit mehreren Antwortmöglichkeiten auswählen sollen: "They picked an average of three, compared with only two for rewarded acquirers." (S. 12)
|