Wer mit eigenen Augen sehen will, weshalb der "niederbayerische Amazonas" zwischen Straubing und Vilshofen wirklich ein Juwel von europäischem Rang ist, könnte keine bessere Quelle finden als diesem preiswerten, exzellent bebilderten Band.
In ganz Europa gibt es noch genau einen 69 Kilometer langen Flussabschnitt, in dem ein großer Strom weitgehend unbeeinträchtigt fließen darf: die niederbayerische Donau zwischen Straubing und Vilshofen. Alles andere ist kanalisiert, reguliert und domestiziert. Wegen seiner Urwüchsigkeit und seines Artenreichtums wird dieser Flussabschnitt auch "der bayerische Amazonas" genannt – eine Referenz, die auftrumpfend klingt, doch eigentlich hat die frei fließende Donau das gar nicht nötig. Sie ist auch so in Europa (leider) einzigartig, weil fast alle unsere Flüsse wegen ihres manisch-depressiven Charakters – mal Niedrigwasser, mal Jahrhundert-Hochwasser – in eine Zwangsjacke aus Begradigung und Staustufen-Zerhäckselung gepresst werden. Das hilft zwar nicht wirklich, weil der beschleunigte Abfluss die Hochwasserspitzen eher verstärkt, aber es vermittelt das, was Psychologen eine "Kontrollillusion" nennen: Wir haben etwas getan, also muss es jetzt besser sein. Hinzu kommen die Interessen an der Energiegewinnung aus der angeblich so sauberen Wasserkraft.
Dass bei diesem Bildband erstens Naturfreunde und zweitens wirkliche Kenner am Werk waren, merkt man schon beim ersten Durchblättern. Die Bildauswahl geht weit über die übliche Ansammlung "hübscher Fotos" hinaus, wie sie sich in vielen Bildbänden finden. Sie zeigen den Strom und seine Auwälder aus einer Perspektive, die mit dieser Landschaft aus langjähriger Beobachtung tief vertraut ist und ihre Ökologie ebenso versteht wie ihre Kulturgeschichte. Das zeigt sich auch in den Texten: Hier ist nicht aus dem Abschreiben dreier Bücher ein viertes entstanden, vielmehr erzählen Fachleute und Heimatschützer, was diese einzigartige Natur- und Kulturlandschaft aus ihrer Sicht liebens- und erhaltenswert macht.
Obwohl die Autoren Exponenten des bayerischen "Donauwiderstands" sind, der seit vielen Jahren gegen die Zerstörung dieses Flussabschnitts durch Staustufen kämpft, ist dieses Buch keine "Streitschrift", in der ellenlang und kämpferisch die mehr oder weniger bekannten Argumente ausgebreitet werden. Lediglich auf den letzten zwölf Seiten wird in moderatem Ton ein Überblick über den Stand der Auseinandersetzung gegeben. Das Buch ist aber auch keine jener "flammenden Liebeserklärungen", die beim unvoreingenommenen Beobachter meist eine gewisse Ratlosigkeit hinterlassen, weil Liebe bekanntlich blind macht und Liebeserklärungen zwar meist sympathisch wirken, aber selten ansteckend.
Vielmehr machen die Autoren genau das, was gute Verkäufer tun, die den Wert ihres Produktes kennen und daher darauf vertrauen, dass es keiner Marktschreierei bedarf, sondern für sich selbst spricht: Sie führen den Leser kundig durch ihre "Heimat Donau" und geben ihm so die Möglichkeit, sich ein eigenes Bild von der Schönheit und Besonderheit dieser alten Natur- und Kulturlandschaft zu machen. Und das verfehlt in der Tat seine Wirkung nicht: Es wirkt überzeugend und macht Freude noch dazu.
Ein ideales Geschenk für Liebhaber dieser Region – und für Freunde urwüchsiger Flusslandschaften generell!
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