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Lebensphilosophischer Wanderverführer

Grober, Ulrich (2006):

Vom Wandern

Neue Wege zu einer alten Kunst

Zweitausendeins (Frankfurt); 343 S.; 19,90 Euro


Nutzen / Lesbarkeit: 9 / 9

Rezensent: Winfried Berner, 20.04.2009

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Ein Wanderführer der besonderen Art: Er liefert nicht so sehr Wandervorschläge für einzelne Wege (obwohl er das auch tut), sondern vermittelt auf anschauliche und ansteckende Weise das Lebensgefühl des Wanderns.

Eigentlich ist Wandern ja weniger ein Sport als eine Art, die Welt – und das Leben – zu erfahren. Es ist, sofern man überhaupt das Haus verlässt, die langsamste und gerade deshalb intensivste Form der Welterfahrung. Keineswegs nur "Naturerleben", sondern, wenigstens in unseren Breiten, immer auch Kulturerleben, im positiven wie im negativen Sinne. Der Wanderer erlebt intensiv, was der Mensch aus der Landschaft gemacht hat, aber auch, was er von ihr übrig gelassen hat. Er kann sich Industriegebieten, Straßenbausünden und Maissteppen nicht durch den Druck auf das Gaspedal entziehen, sondern muss sie in Schrittgeschwindigkeit ertragen. Doch er erlebt dank dieses unzeitgemäßen Schneckentempos auch die schönen Teile seiner Wege, die im Auto und selbst auf dem Fahrrad nur als flüchtiger Moment vorbeihuschen, in ganz anderer Intensität. Und kann spontan stehen bleiben und eine genießerische Pause einlegen. Vor allem hat er viel Zeit, seine Gedanken schweifen zu lassen. Und auch auf diese Weise bringt die Bewegung so manches in Bewegung.

Ein Wanderführer ist dieses Buch eigentlich nicht – eher ein Wander-Verführer. Zwar beschreibt Ulrich Grober zwölf mehrtägige Wanderungen, aber nicht, wie anderswo üblich, mit Gehzeiten, Höhenprofilen und Orientierungshilfen; vielmehr schildert er sein Erleben des Wanderns, seine Eindrücke, Beobachtungen und Gedanken. Doch er tut dies nicht in spätromantischer Schwärmerei und auch nicht in Gestalt eines ichbezogenen Selbsterfahrungstrips, sondern auf eine beinahe nüchterne, sparsam kommentierende Art, fast als ob er befürchten würde, dass zu viele Worte und Details der Vermittlung der Wandererfahrung eher im Weg stehen als sie befördern. Mehrtägige Wanderungen verdichten sich so zu selten mehr als 20 Seiten, oft noch weniger. Auf diese Weise fällt ohne Zweifel vieles weg, was auch wesentliche Bestandteile seiner Wanderungen waren, doch diese Reduktion auf die Essenz vermittelt das spezifische Erlebnis der jeweiligen Tour vermutlich eindrücklicher als die detailreiche Beschreibung jedes Streckenabschnitts und jeder Abzweigung.
 
Zwischen die zwölf Wanderungen eingestreut sind Betrachtungen, die teils im engeren Sinne mit dem Wandern zu tun haben – "Ausrüstung", "Navigieren", "spirituelles Wandern" –, teils im weiteren Sinne mit unserer Lebenswanderung und ihren gesellschaftlichen und ökonomischen Rahmenbedingungen: "Lebenselixier Wasser", "Auszeiten, Spielräume, Entschleunigung", "Gaia". Grober behandelt diese Themen ohne Eifer und Bekehrungsdruck, eher nachdenklich und die Fakten konstatierend. Die Texte haben so eher etwas Philosophisches denn etwas Missionarisches; auch wenn man nicht alle Anschauungen und Deutungen des Autors teilt, fällt es auf diese Weise doch nicht schwer, sie zu respektieren. Und gleich ob man sie teilt oder ob man anderer Auffassung ist, sie regen zum Nachdenken an. Zum Nachdenken über sich selbst, über die Welt und über das richtige Leben: Philosophie.
 
Auf eine Frage geht Grober freilich überhaupt nicht ein, und man könnte sarkastisch sagen, dass auch das typisch philosophisch ist: Wie er nämlich seine langen Wanderungen mit dem ganz normalen Alltagsleben zusammenbringt. Die meisten seiner zwölf Wanderungen sind einsame Wanderungen; aus dieser Reihe fallen nur eine Wanderung mit Kindern, an der offenbar mehrere Familien beteiligt sind, sowie seine Alpenüberquerung, die er gemeinsam mit einem Bekannten unternimmt. Nun geht uns Leser das Privatleben von Herrn Grober zwar überhaupt nichts an, aber es hat natürlich Einfluss auf das Wandererleben, ob ein ungebundener Single auch an dieser Stelle einfach nach seiner Façon lebt oder ob er sich aus dem gesamten Beziehungsgefüge zuhause für einige Tage ausklinkt – und dieses Beziehungsgeflecht samt der sozialen Nebenwirkungen seines Ausklinkens mit auf seine Wanderschaft nimmt. Doch hierzu schweigt des Wander-Philosophen Höflichkeit.

Schlagworte:
Wandern, Selbsterfahrung

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