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Lernen durch Verfremdung

DeMarco, Tom (1998):

Der Termin

Ein Roman über Projektmanagement

München (Hanser); 266 S.; 29,00 Euro


Nutzen / Lesbarkeit: 9 / 9

Rezensent: Winfried Berner, 01.09.2002

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Ein Roman über Projekt-Management?! Das klingt nach drögen Dialogen über Terminpläne und Ressourcen, nach szenischen Paraphrasen jener Probleme und Konflikte, die man schon aus der eigenen Arbeit nur allzu gut kennt ...

Es klingt nach "lehrreichen Ableitungen", die im günstigsten Fall originell formulierte Lehrbuchweisheiten sind, und schließlich nach einem Happy End, das "beweist", dass gutes Projekt-Management trotz aller Widrigkeiten den Erfolg bringt. Zugegeben: Tom DeMarco hatte es leicht, meine Erwartungen zu übertreffen. Doch das Ausmaß, in dem ihm dies gelungen ist, ist doch berichtenswert.

Im Vorwort berichtet DeMarco, was die Grundidee seines Romans ist und wem er sie verdankt: "In den dreißiger Jahren begann der Physiker George Gamow von der University of Colorado, eine Reihe von Kurzgeschichten über einen gewissen Mr. Tompkins zu schreiben, einen Bankangestellten mittleren Alters. Mr. Tompkins ... interessierte sich für die modernen Naturwissenschaften. In schöner Regelmäßigkeit besuchte er die Abendkurse eines Physikprofessors der örtlichen Universität, um nach einer halben Stunde unweigerlich einzunicken. Beim Aufwachen fand er sich in einem anderen Universum wieder, in dem sich das eine oder andere physikalische Grundgesetz auf verblüffende Weise verändert hatte."

Diesem Verfremdungsgedanken folgt auch "Der Termin". DeMarcos Mr Tompkins, ist ein erfahrener Projekt-Manager, der gerade einem "Rightsizing" seines Arbeitgebers zum Opfer gefallen ist. Mitten aus einem todlangweiligen Outplacement-Vortrag wird er von einer attraktiven Agentin entführt und findet sich nach seinem Erwachen in einem Schwellenland wieder, das sich zum Ziel gesetzt hat, durch den Nachbau einiger erfolgreicher Software-Pakete einen Exportschlager zu landen. Für deren Management werden ihm nicht nur persönlich attraktive Konditionen angeboten, auch die Rahmenbedingungen für sein Projekt sind geradezu märchenhaft. Sie eröffnen ihm die Chance zu einem experimentellen Vogehen: Er kann jedes Projekt parallel in drei verschiedenen Settings durchführen, um so zu erforschen, was denn nun wirklich die idealen Voraussetzungen für erfolgreiche Projekte sind. Diese Aussicht veranlasst Mr Tompkins, die Herausforderung anzunehmen.

Doch natürlich geht nicht alles so verheißungsvoll weiter, wie es anfängt. In 23 S-Bahn-freundlichen Kapiteln erzählt DeMarco ebenso phantasievoll wie spannend, welche Abenteuer Mr Tompkins bei der Realisierung seiner Projekte bestehen muss und welche Erkenntnisse er jeweils daraus ableitet. Bei alledem merkt man deutlich seine umfangreiche Erfahrung mit den Höhen und Tiefen von Großprojekten und speziell im IT-Sektor.

Doch es macht keinen Sinn, einen Roman nachzuerzählen. Wer wissen möchte, was ihm alles widerfährt, was er daraus lernt und ob es am Ende ein Happy End gibt (oder gar zwei), sollte sich die Lektüre selber gönnen. Ein Caveat sei dennoch genannt: Wem das alles, wie einigen amazon.de-Leserrezensenten, zu realitätsfern und konstruiert ist, der sollte besser die Finger von diesem Buch lassen. Aber der sollte wahrscheinlich überhaupt keine Romane lesen, sondern sich an faktenreiche Lektüre halten, etwa an Telefonbücher und Flugpläne.

Schlagworte:
Projektmanagement, Roman, Prozessmanagement

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