Insgesamt ein Buch, das trotz einiger Schwachpunkte das Verdienst hat, ein Thema von hoher Brisanz und Tragweite psychologisch fundiert und einfühlsam abzuhandeln. Allerdings hätte es eine grundlegende Überarbeitung verdient.
"Was macht Arbeitslosigkeit zu einem Unglück?", fragen der Kommunikationstrainer Einhard Schrader und der Outplacement-Berater Ulrich Küntzel in der Überschrift zum ersten Kapitel ihres Buchs, dem sie den Untertitel "Über den menschlichen Umgang mit persönlichen Katastrophen" gegeben haben. Dieses unheilsschwangere Pathos erklärt sich wohl daraus, dass das Buch aus einem Fernstudienlehrgang für Führungskräfte der ehemaligen Staatlichen Versicherung der DDR entstanden ist. Doch eine derartige Dramatisierung scheint mir selbst heute, in Zeiten extrem hoher Arbeitslosigkeit und eines ziemlich trostlosen Arbeitsmarkts, zu einseitig und zu katastrophenverliebt. Unbestritten, dass Arbeitslosigkeit ein Unglück sein kann, doch die Suggestion, dass sie dies unvermeidlich sein müsse, hilft weder den Gekündigten noch denen, die sie entlassen müssen.
Im einleitenden "Unglücks-Kapitel" erläutern Schrader und Küntzel auf 12 Seiten die gesellschaftliche und religiöse Bedeutung der Arbeit und umreißen die psychischen Auswirkungen von Arbeitslosigkeit. Das zweite Kapitel "Wenn Kündigungen drohen" unterscheidet zwischen der "Kündigung aus individuellen Gründen" und der betriebsbedingten Kündigung und macht warnend darauf aufmerksam, dass sich daraus "für das Unternehmen und den, der kündigt, große Unterschiede ergeben" (S. 26). Leider bleibt etwas im Nebel, welche das sind, weil das Buch so gut wie gar nicht auf arbeitsrechtliche Fragestellungen eingeht.
Die Ausblendung arbeitsrechtlicher Aspekte ist Programm, heißt es doch im Vorwort: "Dieses Buch beschäftigt sich also mit der psychologischen Problematik von Kündigungen. Es leistet keinen Beitrag zu arbeitsrechtlichen oder organisatorischen Fragestellungen. Es ist kein 'sachliches' Buch, sondern ein sehr persönliches, das sich an den Menschen im Funktionsträger wendet." (S. 11) Ob dieses Konzept aufgehen kann, ist fraglich. Denn so wichtig es ist, in einer Kündigung mehr zu sehen als einen Rechtsakt, ihr primärer Zweck bleibt doch ein Rechtsakt, nämlich die Beendigung eines Vertragsverhältnisses. Daraus ergeben sich bestimmte Vorgaben, die man nicht einfach ausblenden kann – außer, man mutet dem Leser zu, sich parallel über die arbeitsrechtlichen Grundregeln zu informieren und die beiden durchaus konträren Perspektiven selbst zur Deckung zu bringen. Zumindest sollte man ihn dann aber nicht mit arbeitsrechtlich zweifelhaften Aussagen verwirren, wie etwa: "Betriebs- und verhaltensbedingte Kündigung lassen sich aber nicht immer eindeutig unterscheiden." Oder gar, dass Arbeitnehmer sich gegen deren Vermengung nicht wehren könne, da "ihm im allgemeinen juristisch die Hände gebunden (seien), weil er sonst seine Abfindung riskieren oder sich dem Unternehmen aufdrängen würde" (S. 34).
Die beiden folgenden Kapitel sind das Herzstück und in meinen Augen der wertvollste Teil des Buchs. Im dritten Kapitel "Reaktionsmuster" (17 Seiten) erläutern die Autoren zunächst, welche uneingestandenen emotionalen Reaktionen bei demjenigen ablaufen können, der die Kündigung ausspricht: von Mitgefühl und schlechtem Gewissen über Verdrängung und die "Vermeidung von Klarheit, um sich unangenehme Gefühle zu ersparen" bis hin zum Herunterspielen der tatsächlichen Situation, Trösten, aber auch Aggressionen und Angriffe. Sich damit im Vorfeld einer Kündigung auseinanderzusetzen, ist für Führungskräfte ungeheuer wichtig, weil sonst zum Beispiel die Gefahr besteht, dass sie das eigene schlechte Gewissen über zurückliegende eigene Versäumnisse durch ein besonders schroffes und vorwurfsvolles Verhalten kompensieren. Weiter erläutern sie, dass die Aufnahme und Verarbeitung der Kündigung durch den Empfänger ein Trauerprozess ist, der durchaus ähnlich wie beim Tod eines geliebten Menschen ist und der durch verschiedene Phasen von der Schockreaktion bis zur Neustrukturierung verläuft.
In Kapitel 4 folgt eine "Praktische Anleitung zum Kündigungsgespräch". Darin geben Schrader und Küntzel auf 15 Seiten viele wertvolle Tipps für diese wohl schwierigsten Gespräche, die einer Führungskraft in ihrer Karriere begegnen können. Das beginnt mit dem "Verhalten in der Vorphase der Kündigung" und reicht über die sorgfältige Vorbereitung bis hin zur Begleitung und Unterstützung des Gekündigten in der Zeit nach der Kündigung. Nur gegen einen Punkt muss ich vehement Einspruch erheben: Gegen die Empfehlung, dass "die ersten Minuten des Gesprächs (...) mit dem Austausch von Alltagsinformationen zum Wetter, zum Essen, zur Familie oder dergleichen" verstreichen sollten (S. 68). Das kann man doch nicht machen: Erst ein netter Small-Talk, womöglich über die Familie, dann die Kündigung! Das müssen die Betroffenen doch als unangemessen und irritierend empfinden, im schlimmeren Fall sogar als zynisch oder gar hinterhältig. Nein, je unangenehmer eine Nachricht ist, desto wichtiger ist, ohne Umschweife zur Sache zu kommen.
Das fünfte Kapitel schließlich vermittelt auf 20 Seiten "Grundlagen der Gesprächsführung" und wendet sich an einen "Personenkreis, der in diesem Buch erstmals mit Formen und Verhaltensweisen im Mitarbeitergespräch konfrontiert ist" (S. 80). Auf den letzten Metern wechselt das sechste Kapitel "Kündigung als Chance" noch die Zielgruppe: Es beschreibt am Beispiel eines leistungsbedingt Gekündigten sehr ausführlich (42 Seiten) den Prozess der beruflichen Neuorientierung und seine Suche nach einer neuen Beschäftigung – und wendet sich damit zwangsläufig eher an Gekündigte als an die, die sie entlassen.
Ausführungen zum Einzel- und Gruppen-Outplacement fehlen, obwohl einer der Autoren Outplacement-Berater ist, leider ebenso wie andere Ansätze, wie Vorgesetzte und Unternehmen die Folgen von Kündigungen mildern können (wie zum Beispiel strukturelle Kurzarbeit, aber auch ganz simpel das Aushängen von Stellenbeschreibungen von Betrieben aus der Nachbarschaft). Auch das wichtige Thema, wie das verbleibende Team die Kündigung verarbeitet und was der Vorgesetzte dazu beitragen kann und sollte, bleibt gänzlich ausgespart.
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