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Das Ende des Wachstums rückt näher – das Ende der Welt nicht

Heinberg, Richard (2011):

The End of Growth

Adapting to Our New Economic Reality

New Society Publishers (Gabriola Island); 321 Seiten; 13,00 Euro


Nutzen / Lesbarkeit: 10 / 8

Rezensent: Winfried Berner, 19.12.2013

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"Economic growth as we have known it is over and done with", behauptet Richard Heinberg in der Einführung – und verwendet den Rest des Buchs darauf, diese These zu untermauern, ihre Konsequenzen zu erforschen und unsere Handlungsoptionen zu erläute

Streng genommen basiert Heinbergs These auf einer mathematischen Trivialität, über die man nicht ernsthaft diskutieren kann: In einer endlichen Welt kann es kein unendliches Wachstum geben. Schon gar nicht ein exponentielles Wachstum, wie es sich unweigerlich ergibt, wenn die Weltwirtschaft Jahr für Jahr um einen bestimmten Prozentsatz wächst. Streiten kann man allenfalls darüber, wie nahe wir dem Limit bereits sind: Ob wir die Grenzen eines verkraftbaren Wachstums schon erreicht und überschritten haben oder ob in unserer endlichen Welt noch Platz für ein oder zwei Verdoppelungen ist. (Wobei eine Verdoppelung selbst bei einem moderaten Wachstum von 2 bis 3 Prozent auch nur eine Frage von etwa 30 Jahren ist.)

Doch Ökonomie und Politik ignorieren die mathematische Unmöglichkeit und fordern als Heilmittel für alle im weitesten Sinne ökonomischen Probleme – Wachstum. Was sich wohl nur mit einem Phänomen erklären lässt, das der Nobelpreisträger Daniel Kahneman als "Theory-Induced Blindness" bezeichnet: Unsere Denkmodelle und Überzeugungen hindern uns zuweilen daran, ziemlich offensichtliche Tatsachen zu erkennen und anzuerkennen.

In der Tat ist die Wirtschaftswissenschaft unter der impliziten (und weitgehend unerkannten) Bedingung eines anhaltenden Wachstums entstanden und funktioniert auch nur unter dieser Bedingung. Das ist ziemlich fatal, denn es hat erstens zur Folge, dass uns diese "Steilwand-Ökonomie" keine Antworten auf die Frage liefert, wie ein Wohlstand ohne Wachstum gestaltet und gemanagt werden könnte, und zweitens, dass Regierungen und Notenbanken wertvolle Zeit und unendlich viel Geld damit vergeuden, gegen eine unüberwindliche Mauer anzurennen, statt den Tatsachen ins Auge zu sehen und einen gesellschaftlichen Prozess des Umsteuerns einzuleiten. Welcher dringend erforderlich wäre, denn sonst schaffen wir die Kurve nicht mehr.

Insofern ist "The End of Growth", obwohl es sich eigentlich mit einer Selbstverständlichkeit beschäftigt, ein ausgesprochen wichtiger Beitrag dazu, eine gefährliche Wahrnehmungs- und Denkbarriere zu überwinden, die die Menschheit überaus teuer zu stehen kommen dürfte.

Im ersten Kapitel "The Great Balloon Race" gibt Heinberg einen kurzen Abriss der Wirtschaftsgeschichte sowie der Entwicklung des ökonomischen Denkens. Nach seiner Analyse unterliegt sowohl unser Wirtschafts- als auch unser Geldsystem einem eingebauten Wachstumszwang ("built-in expansionist imperative", S. 37), zum einen weil der Wettbewerb infolge der Produktivitätssteigerungen dazu führt, dass immer mehr Güter immer kostengünstiger produziert werden, und weil zum anderen die Verzinsung von Krediten nur finanziert werden kann, wenn die Geldmenge wächst. Wenn das Wachstum trotz aller Stimulation nicht mehr zurückkommen will, haben wir daher "a crisis not just of the economy, but also of economic theory and philosophy." (S. 39) Sie wird zusätzlich verschärft dadurch, dass das Wachstum, das in der Realwirtschaft nicht mehr stattfindet, durch ein virtuelles Wachstum in der Irrealwirtschaft "ersetzt" wird, welches keine realen Werte schafft, aber gewaltige Risiken.

Im zweiten Kapitel "The Sound of Air Escaping" gibt Heinberg einen Überblick über die – nach wie vor ungelöste – Finanzmarkt- und Schuldenkrise von 2008 ff. Als Kernproblem schält er heraus: "There is never enough money in the system at any one time to repay all outstanding debt with interest; but, as long as total debt (and therefore the money supply as well) is constantly growing, that doesn't pose a practical problem." (S. 73) Aber es gibt praktische Grenzen der Verschuldung: Sowohl Individuen als auch Firmen als auch Staaten drohen mit wachsender Zinslast in eine Schuldenfalle zu geraten, aus der sie sich nicht mehr befreien können. Außerdem klappt die Rückzahlung aufgenommener Schulden nur, wenn das Einkommen / die Erlöse / das Steueraufkommen wachsen.

Schuldenkrisen lassen sich nur auf drei Arten lösen: Erstens durch Bankrotte (welche unter Umständen die Gläubiger mit in den Abgrund reißen), zweitens durch die antiken "Jubeljahre", in denen alle Schulden erlassen (und damit dummerweise auch alle Guthaben gelöscht) werden, drittens durch starke Inflation, welche die Schulden vom Nennwert her unangetastet lässt, aber ihren realen Wert (und damit auch das Vermögen der Gläubiger) eindampft. Inflation ist damit im Grunde etwas Ähnliches ist wie ein zeitlich gestrecktes "Jubeljahr" (sodass keineswegs alle Grund zum Jubel haben).

Vor diesen Alternativen stehen wir auch heute, denn die Schuldenkrise, die 2008 sichtbar wurde, ist nicht vorbei; die Schulden wurden nur von den Banken auf die Staaten transfertiert (was den Banken die Chance bot, im Bewusstsein ihrer "Systemrelevanz" fröhlich weiterzuzocken). Die vielfältigen Stimulusprogramme können das Schuldenproblem nicht beheben; sie sind für Heinberg "a bridge to nowhere" (S. 99).

Heinberg zeigt hier einen wichtigen Zusammenhang zwischen der Verschuldung und dem Ende des Wachstums auf: Schulden sind ja nichts anderes als vorgezogener Konsum, den man sich in Erwartung künftiger höherer Einnahmen schon jetzt gönnt – bzw. Investitionen, die man heute in Erwartung künftiger höherer Erträge macht. Wenn ein Wachstum aber nicht mehr zu erwarten ist, verlieren Investitionen ihren Sinn, und vorgezogener Konsum wird wegen der auflaufenden Zinsen zum unfreiwilligen Konsumverzicht in der Zukunft. Das hat, wie Heinberg feststellt, eine dramatische Konsequenz: "The end of growth is the ultimate credit event, as everyone gradually comes to realize there will be no surplus later with which to repay interest on debt that is accruing now." (S. 103)

"Earth's Limits: Why Growth Won't Return" ist das dritte Kapitel überschrieben. Darin geht Heinberg noch einmal all die Befunde durch, die er in seinen früheren Büchern von "The Party's Over" bis "Peak Everything" ausgebreitet hat. Auch wenn die USA derzeit glauben möchten, mit dem Fracking an der Schwelle zu Energieunabhängigkeit und Reichtum ("Saudi America") zu stehen, wird sich die Verknappung fossiler Energieträger wegen der mageren Netto-Energieausbeute dadurch allenfalls um ein paar Jahre (oder auch nur Monate) verschieben. Der freie Markt verschärft die Probleme hier, statt sie zu lösen: Steigende Energiepreise machen zwar die Suche nach alternativen Energiequellen attraktiver, würgen aber die Wirtschaft ab – mit der Folge, dass die Energiepreise fallen und die Erschließung alternativer Energien kollabiert. Um den ohnehin schwierigen Anpassungsprozess nicht zusätzlich zu erschweren und zu verzögern, müssten die Energiepreise daher durch staatliche Eingriffe in einer verlässlichen Bandbreite gehalten werden.

Doch nicht nur fossile Energieträger werden knapper, sondern auch Trinkwasser und Lebensmittel: "Demand for food is slowly outstripping supply. Food producers' ability to meet growing needs is increasingly being strained by rising human populations, falling freshwater supplies, the rise of biofuels industries, expanding markets within industrializing nations for more resource-intensive meat and fish-based diets; dwindling wild fisheries; and climate stability. The result will almost inevitably be a worldwide food crisis sometime in the next two or three decades." (S. 136f.)

Schließlich werden auch Metalle und Mineralien knapp, zumal es bei nicht erneuerbaren Rohstoffen keine "nachhaltige" Möglichkeit des Abbaus gibt und ihre "Produktion" auf immer größere Mengen knapper Energie angewiesen ist. Konsequenz: "Peak Everything". Aber das ist noch nicht alles: "There are also limits to the environment's ability to absorb the insults and waste products of civilization." (S. 145) Hierzu zählen etwa der Klimawandel, die Überfischung der Meere, das Wachstum der Wüsten und das Artensterben. Heinberg spricht deshalb von einer neuen erdgeschichtlichen Ära, dem "Anthropozän": "Humanly generated threats to environment's ability to support civilization are now capable of overwhelming civilization's ability to adapt and regroup." (S. 145)

Dem unvermeidlichen Einwand naiver Optimisten "Won't Innovation, Substitution, and Efficiency Keep Us Growing?" wendet sich Heinberg im vierten Kapitel zu – und macht erwartungsgemäß wenig Hoffnung. Das beginnt damit, dass es dem Menschen trotz aller seiner Innovationskraft noch niemals gelungen ist, Energie zu erzeugen. Wir sind und waren lediglich dazu in der Lage, in der Natur vorhandene Energie abzuschöpfen und für unsere Zwecke nutzbar zu machen: durch die frühen Wasser- und Windmühlen, durch das Verbrennen von Holz und Dung, später Kohle, Öl und Gas, durch das "Anzapfen" von Sonnen- und Windkraft, durch das Vergären von Biomasse etc. Der große Durchbruch war dabei die Entdeckung und systematische Nutzung der fossilen Energieträger: Kohle, Öl und Gas haben mit ihrer hohen Energiedichte unseren heutigen Wohlstand überhaupt erst möglich gemacht.

Technische Innovationen hingegen erzeugen keine Energie – sie verbrauchen Energie und sind auf deren Verfügbarkeit angewiesen. Nicht mal ein simples Wohnhaus kann man heute mehr ohne die ständige Verfügbarkeit von Energie betreiben, geschweige denn eine Fertigungsanlage oder eine Bank. Innovative Produkte sind im günstigsten Fall im Verbrauch sparsamer, aber selbst das wird häufig durch zusätzliche Leistungen zunichte gemacht. Und die angebliche "Entkopplung" des Wirtschaftswachstums vom Energieverbrauch ist, wie Heinberg detailliert zeigt, nichts als eine irreführende Legende.

Das Dumme ist nur: Die Erschließung von Kohle, Öl und Gas ist schon ein Weilchen her. Seither wurden keine Energieträger entdeckt, die mit vergleichbarer Energiedichte aufwarten können, und es ist fraglich, ob es welche gibt. Die erneuerbaren Energien, so wichtig sie für die Zukunft sein werden, liegen in ihrer Energiedichte weit hinter den fossilen Brennstoffen zurück. Prinzipiell kann man Autos, Züge und Schiffe auch mit Holz, Torf oder getrocknetem Kuhdung antreiben, doch die praktische Machbarkeit ist mehr als fraglich. Auch Atomkraft ist keine Lösung, weil sie – abgesehen von allen sonstigen Problemen – auf die Verfügbarkeit von Uran angewiesen ist. Und das geht ebenfalls zur Neige. Doch selbst wenn eine neue Energiequelle mit ausreichender Energiedichte entdeckt würde, die in ausreichender Menge zu Verfügung stünde, würde es etwa 40 Jahre dauern, bis die nötige Infrastruktur aufgebaut wäre – und zwar nicht ab ihrer Entdeckung, sondern ab der Serienreife!

Wer bis dahin noch nicht beunruhigt ist, könnte es im fünften Kapitel werden. "Shrinking Pie: Competition and Relative Growth in A Finite World" untersucht, wie sich das rückläufige Wachstum in den nächsten Jahrzehnten im Zusammenhang mit der demographischen Entwicklung, Währungskriegen und geopolitischen Rivalitäten auswirken wird. Heinberg beginnt mit Asien als der derzeit dynamischsten Weltregion und beschreibt ein "China Bubble" (S. 190): "China's reliance on coal cannot be significantly reduced as long as its demand for electrical power continues to grow at anything like the current rates." (S. 193) Das werde die Kohlepreise weltweit nach oben treiben und das Wachstum abwürgen. In den nächsten Jahren sieht er die größte Verwundbarkeit Chinas auf den Feldern Energie, Demographie und Umwelt (Wasser, Klima, Landwirtschaft). Nach seiner Auffassung wird es der chinesischen Führung dann nicht mehr möglich sein, alle Löcher zu stopfen, wenn sie sich nicht – was er für möglich hält – heute schon auf ein Ende des Wachstums vorbereitet.

Stichwort Währungen: Schon seit Jahren gibt es Auseinandersetzungen über die "richtigen" Wechselkurse zwischen den USA und China. Mittlerweile versucht Japan, seine langjährige Rezession zu überwinden, indem es durch eine starke Ausweitung der Geldmenge den Preis des Yen drückt und so seine Exporte für ausländische Käufer verbilligt (und sich zugleich ein gewaltiges Problem beim Import von Energie und Rohstoffen einhandelt). Spätestens wenn andere Länder unter diesen Maßnahmen ernsthaft zu leiden beginnen, werden sie mit Gegenmaßnahmen reagieren, und von dort ist es nicht mehr weit zu einem Währungskrieg. Auch um Ressourcen könnte es vermehrt zu Kriegen kommen. Schon heute kann man sich fragen, warum den Westen die Menschenrechte im Irak so viel mehr interessieren als die in rohstoffarmen Ländern in Afrika. Auch Rohstoffe unter dem Meeresboden geben im Zeichen zunehmender Knappheit ein reichhaltiges Konfliktpotenzial ab.

Um "Population Stress: Old vs. Young on a Full Planet" geht es im zweiten Teil dieses Kapitels. Mit zunehmender Armutsmigration ist die Welt ja schon seit geraumer Zeit konfrontiert, doch infolge knapperer Ressourcen verschärfen sich die Konflikte: "Adding more people through immigration simply steals further from our grandchildren" (S. 214), spitzt Heinberg zu. Auch wenn man sich fragen kann und muss, wer in solchen Betrachtungen "wir" ist und ob es weiterhilft, nach Herkunft zu unterscheiden, das unbestreitbare Kernproblem liegt in der nachhaltigen Tragfähigkeit unseres Planeten: Wie viele Menschen verkraftet die Erde auf lange Sicht, wenn erheblich weniger Energie zu Verfügung steht, sodass wir entsprechend weniger in die Erzeugung von Nahrungsmitteln stecken können, also zum Beispiel mit weitaus weniger Kunstdünger und künstlicher Bewässerung auskommen müssen und entsprechend mehr Fläche pro Kopf brauchen?

Nach so viel hartem Tobak wird es Zeit für Lösungsansätze, die im sechsten Kapitel "Managing Contraction, Redefining Progress" endlich kommen. Heinberg stellt dem Kapitel ein kluges Zitat von Milton Friedman voran: "Only a crisis – actual or perceived – produces real change. When the crisis occurs, the actions that are taken depend upon the ideas that are lying around. That, I believe, is our basic function: to develop alternatives to existing policies, to keep them alive and available until the politically impossible becomes politically inevitable." (S. 231)

Doch zunächst einmal folgt ein weiteres Problem: Wie Heinberg wohl leider zu Recht feststellt, ist ein auf Wachstum angelegtes Finanzsystem keine wirkliche Hilfe bei der Bewältigung dieses großen Umbruchs: "… a system that could come in unhinged in a non-linear, catastrophic fashion as growth ends." (S. 231) Der Beinahe-Crash von 2008 war nach seiner Auffassung kein Betriebsunfall, vielmehr wird unser Geld- und Finanzsystem in wirtschaftlichen turbulenten Zeiten so instabil, dass es zum Beispiel eine Banken- oder eine Staatspleite erneut an den Rand des Zusammenbruchs und darüber hinaus bringen könnte: "Indeed, there is a line-up of actors waiting to take center stage in the years ahead, each capable of bringing the curtain down on the global banking system or one of the world's major currencies." (S. 231f.) Das Finanzsystem ist daher in seinen Augen "a wall in our path" (S. 232), die erst einmal überwunden werden muss, bevor man die dahinter liegenden Herausforderungen wie dem Klimawandel und den schwindenden Ölreserven angehen kann. Tröstlich klingt das nicht gerade: Eine Aufgabe, die sich mal eben nebenher erledigen lässt, ist das sicher nicht.

Obwohl er die Gefahr eines unkontrollierten, chaotischen Zusammenbruchs beschwört, meint Heinberg, "that economic contraction need not entail catastrophe and sorrow if the process is managed well." (S. 236) Allerdings müssten wir dafür den Tatsachen ins Auge sehen: "Our debt cannot be fully repaid." (S. 237) Als mögliche Lösung schwebt ihm ein "modified debt jubilee" vor, also ein genereller Schuldenschnitt. Vor allem aber ist es nach seiner Auffassung notwendig, zu einem nicht auf Schulden aufgebautem Geldsystem zu kommen, denn "debt-based currency can only function well in an expanding economy" (S. 241). Da Edelmetall-gedeckte Währungen ebenfalls problematisch sind, sieht er die Notwendigkeit, in den kommenden Jahren das Geld neu zu erfinden. Denkmodelle und Praxiserfahrungen dazu gibt es bereits, und er stellt einige davon vor. Denkbar, dass dann mehrere Geldsysteme parallel existieren: Ein staatliches Geldmonopol ist für die Funktionsfähigkeit einer Währung nicht zwingend. Regionalwährungen könnten überregionale sehr wohl ergänzen.

Obwohl die traditionelle Ökonomie diese Überlebensfrage eisern ignoriert, gibt es auch schon Konzepte für "Post-Growth Economics" (S. 246). All diese Ansätze, Denkmodelle und praktischen Experimente haben im Grunde ein gemeinsames Ziel, nämlich, eine nachhaltige Lebens- und Wirtschaftsweise im wahren Sinne dieses Wortes zu entwickeln, das heißt eine, die dem Ökosystem nicht mehr an Ressourcen entnimmt als im gleichen Zeitraum nachwachsen.

Das erfordert eine Abkehr von der Verschwendung, die uns selbstverständlich geworden ist, hin zu etwas, was in den USA unter "Voluntary Simplicity" läuft. Dafür ist es erforderlich, Lebensqualität nicht primär materiell zu definieren und sie beispielsweise am Bruttoinlandsprodukt zu messen, sondern auch Kriterien einzubeziehen wie Zufriedenheit, soziale Beziehungen und Umweltqualität, Gesundheit, Kultur, Bildung und die Vitalität von Gemeinwesen. Aber es wird auch erforderlich sein, das Steuersystem so umzustellen, dass menschliche Arbeit steuerlich entlastet und der Verbrauch von Ressourcen bis unter die Nachhaltigkeitsschwelle verteuert wird.

Das letzte und kurze Kapitel "Life After Growth" geht davon aus, dass es uns heute ebenso wenig möglich ist, uns das Leben nach dem großen Umbruch vorzustellen, wie es den Denkern der Aufklärung möglich war, unsere heutige Lebensweise zu erahnen. Dennoch lassen sich einige Grundgedanken formulieren, beginnend damit, dass man seine Vorbereitung nicht als individuelle Überlebensstrategie mit Lebensmittelkonserven im Keller, Goldbarren und Waffen angehen sollte, sondern als den Aufbau krisenfester Gemeinschaften. Ebenso simpel wie treffend daher Heinbergs Rat: "Get to know your neighbors." (S. 270)

Empfehlenswert ist weiterhin, auf kommunaler Ebene Übergangsinitivativen und "Common Security Clubs" aufzubauen, die miteinander lernen, sich gegenseitig helfen und gesellschaftspolitische Initiativen entwickeln. Modelle, Ideen und Beispiele dafür gibt es bereits reichlich. Die Umrisse einer nachhaltigen Gesellschaft lassen sich bereits erahnen, und Heinberg ermutigt dazu, am Aufbau einer neuen Ära eines Fortschritts ohne Wachstum mitzuwirken. Seine Website www.theendofgrowth.com (alias www.richardheinberg.com) liefert dazu fortlaufend Informationen und Anregungen.

Insgesamt kein "erbauliches" Buch, aber ein sehr wichtiges: Nicht nur für "Ökos" und notorische Schwarzseher lesenswert, sondern vor allem für Menschen, die in Wirtschaft, Verwaltung und Politik Verantwortung tragen und diese Verantwortung ernst nehmen. Denn dass die Menschheit mit ihrer Lebens- und Wirtschaftsweise an Grenzen stößt, lässt sich wohl immer weniger bezweifeln. Wer nicht bloß in Quartalsbilanzen oder Wahlperioden denkt und im Übrigen das Prinzip "Nach mir die Sintflut" walten lässt, findet hier wertvolle gedankliche Vorarbeit, der man nicht in jedem Punkt folgen muss, um für das eigene Aufgabengebiet erheblich zu profitieren.

Ein etwa 20 Seiten umfassendes Update für das Buch von Mitte 2012 mit dem Untertitel "Europe & America Stumble, China Hits the Wall" ist (nur) als e-Book verfügbar.

Schlagworte:
Grenzen des Wachstums, Ökologie, Peak Oil, Peak Everything, Wirtschaftswachstum, Zukunft

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