Sehr gute und nützliche Informationen über Auswirkungen des demographischen Wandels auf wichtige Volkswirtschaften, aber auch schwach untermauerte Zyklustheorien und ebenso gewagte wie dramatische Prognosen über eine bevorstehende "Winter Season".
Gemessen an ihrem hohen Anspruch und an der Selbstsicherheit ihrer Vertreter sind Ökonomen unfasslich schlecht, wenn es darum geht, aus ihren Theorien belastbare Vorhersagen für die Zukunft abzuleiten: Hyperinflation oder tiefe Deflation, ungebrochener Aufschwung oder unmittelbar bevorstehender Crash, der Ölpreis bei 10 oder bei 250 Dollar, Gold über 5000 oder unter 300 Dollar, der Dow-Jones bei 3300 oder 32.000 – lauter aktuelle Prognosen von Leuten, die sich als ernsthafte Fachleute ihrer Zukunft verstehen. Einer aus dieser Kakophonie wird vermutlich recht haben, nur lässt sich leider weder vorhersagen, wer es sein wird, noch, ob sein Erfolg mehr ist als ein Zufallstreffer.
In diese Auktion der Höchstgebote reiht sich auch der Finanzanalyst und Ex-Bain-Berater Harry S. Dent ein, obwohl er eigentlich mehr zu bieten hätte als die meisten konkurrierenden Wahrsager. Denn er hat eine Entdeckung gemacht, die ihm tatsächlich einen klaren Blick in die Zukunft ermöglicht, nämlich die Demographie. Wie Dent im ersten Kapitel darlegt, haben die Menschen unserer Industriegesellschaft im Durchschnitt einen recht vorhersehbaren Lebensweg: Wenn sie erst einmal geboren sind, können wir nicht nur ziemlich sicher prognostizieren, in welchem Jahr sie eingeschult werden, sondern auch, wann sie ins Erwerbsleben eintreten und wann sie in Rente gehen. Weiter lässt sich – mit Zufallsschwankungen, die sich ausmitteln – vorhersehen, wann sie heiraten, Kinder bekommen, größere Anschaffungen machen, ins Pflegeheim kommen und wie lang sie Rente beziehen werden.
Wenn man also einfach nur die Alterskohorten jedes Jahrgangs übereinanderlegt (und dann noch ein bisschen um Ein- und Auswanderung korrigiert), kann man daher ziemlich genau ausrechnen, sowohl wie viele Arbeitskräfte in welchen Jahren zu Verfügung stehen werden, als auch, welche Güter in welchen zukünftigen Zeiträumen in welchen Mengen nachgefragt werden, und zwar nach dem simplen Prinzip: Wer heute geboren wurde, wird in etwa sechs Jahren eingeschult werden, steht in 20 bis 25 Jahren dem Arbeitsmarkt zu Verfügung und wird in etwa 65 Jahren in Rente gehen. Mit dem Berufseintritt wird er ein neues Auto kaufen, Ende 20 wird er heiraten, Anfang 30 Kinder bekommen, Ende 30 bauen und Möbel kaufen, und um die 70 eine Kreuzfahrt machen …
Auf diese Weise lassen sich sowohl ziemlich gute Arbeitsmarkt- als auch Nachfrageprognosen für die unterschiedlichsten Güter erstellen, die sich kumuliert zu Branchenkonjunkturen wie Gesamtmarkttrends saldieren – und zwar für erstaunlich lange Zeiträume. Denn so blöd es klingt, wer heute nicht geboren wurde, wird sich in 20 Jahren auch kein Auto kaufen, keinen Hausstand gründen und in 30 Jahren kein Haus bauen, für das er demgemäß auch keine Möbel braucht. Entsprechend lässt sich sowohl die Nachfrage nach Immobilien als auch die nach langlebigen Verbrauchsgütern auf Jahrzehnte hinaus mit einer Genauigkeit prognostizieren, die im Vergleich zu anderen ökonomischen Prognosen nicht nur höchst präzise, sondern auch sehr weit in die Zukunft reicht.
Das reicht sogar über die 80 bis 90 Jahre einer durchschnittlichen menschlichen Lebenserwartung hinaus, denn wer nicht geboren wurde, wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch keine Kinder bekommen. Wenn sich die Alterspyramide also einmal deutlich verschlankt hat, wie zum Beispiel in Deutschland oder Japan, hat das auch Folgen für die Kopfzahlen der nachfolgenden Generationen. Denn Kinderlosigkeit ist erblich: Weniger Kinder bekommen ihrerseits auch weniger Kinder und Enkel, wenn nicht die durchschnittliche Kinderzahl pro Frau oder Paar sprunghaft ansteigt.
Ich finde es unglaublich, wie wenig die gängigen Konjunkturprognosen aus diesem Wissen machen, das Dent zu Recht als den "best long-term leading indicator" charakterisiert (S. 21). Angesichts der bekannten demographischen Struktur Japans beispielsweise hätte niemand davon überrascht werden dürfen, dass dort um 2010 herum erstmals mehr Windeln für Senioren als für Babies gekauft wurden. Ebenso wenig dürfte man irgendeine Hoffnung in die Autokonjunktur Japans oder Deutschlands setzen: Alte Menschen fahren weniger und wechseln seltener das Fahrzeug als junge. In ähnlicher Weise lässt sich ohne jede Hellseherei auch die Immobiliennachfrage in 5, 10 oder 20 Jahren voraussehen. Da helfen auch keine Niedrigzinsen und Konjunkturprogramme: Oma und Opa werden auf ihre alten Tage nicht noch einmal neu bauen, allenfalls werden sie sich, wenn sie gut betucht sind, ein Ferienhäuschen oder eine stadtnahe Zwei-Zimmer-Wohnung in der Nähe ihrer Enkel zulegen.
Aus diesem Stoff hätte sich ein bahnbrechendes Buch machen lassen. Doch leider versucht Dent stattdessen, noch alle möglichen anderen Theorien und Modelle zu verwursten. So gibt er sich als gläubiger Anhänger aller möglichen Zyklustheorien zu erkennen, von einem 18-Jahres-Zyklus, für den er, wie er mit entwaffnender Offenheit bekennt, keine Erklärung hat, bis zu den Sonnenflecken, für deren Einfluss auf die Weltwirtschaft und die Aktienmärkte ich, wie ich offen bekenne, keine Erklärung habe. Am meisten hat es Dent aber ein Achtzig-Jahres-Zyklus angetan, dessen vier Phasen er ebenso einprägsam wie platt nach den vier Jahreszeiten Frühling, Sommer, Herbst und Winter nennt.
Obwohl Dent diesen Zusammenhang in seiner Einführung behauptet, ist nicht ersichtlich, wie sich sein Achtzig-Jahres-Zyklus mit der demographischen Entwicklung verträgt: "New technologies and generational boom-and-bust cycles create a sustained boom that starts in the spring, hits speed bumps in summer with high inflation and falling generational spending that then descends into an autumn bubble boom with rising generational spending and productivity, falling inflation and interest rates. That final boom creates bubbles in financial assets and new technologies and business models that, like after the fallow season of winter, will pay off for many decades to follow, but must first get more efficient by means of deleveraging of debt bubbles and financial assets (as happened in the 1930s and will occur in the decade ahead). This is a natural cycle of boom and bust, inflation and deflation, innovation and creative destruction …" (S. 3f.)
Gut und schön – aber die Bevölkerungsentwicklung durchläuft seit Beginn der Industrialisierung (und der Erschließung billiger Energie) ein exponentielles Wachstum, das erst um 2050 herum ein Maximum bei etwa 9 Milliarden Menschen finden soll und nicht einmal durch die Weltkriege eine nennenswerte Dämpfung erfuhr. Ja, Japan, das Dent im 2. Kapitel ausführlich darstellt, ist 50 Jahre nach seinem Geburten-Maximum um die Jahrtausendwende von der "demographischen Klippe" gestürzt und zu einer "Coma Economy" geworden. Deutschland, den USA und vielen europäischen Ländern, aber auch China (!) und Südkorea droht in den nächsten Jahren ein ähnliches Schicksal – was Dents Vorhersage einer vor uns liegenden "Great Deflation" durchaus Plausibilität verleiht.
Aber um das vorherzusagen, braucht man keinen Achtzig-Jahres-Zyklus, dafür reicht die Demographie. Denn wenn es zutrifft, dass das Bruttoinlandsprodukt (GDP) dem Produkt aus Beschäftigtenzahl und Produktivität (Output pro Beschäftigten) entspricht, dann bedeutet ein anhaltender Rückgang der Beschäftigtenzahl unweigerlich eine Rezession, wenn er nicht durch einen mindestens ebenso starken Anstieg der Produktivität kompensiert wird.
Zweifelhaft wird das Modell, wenn man 80 Jahre zurückgeht: Wo war denn das "Demographic Cliff" vor der "Great Depression", wo war es vor der Weltwirtschaftskrise der zwanziger Jahre? Wo war es 80 Jahre davor, wo vor 160, 240, 320, 400 Jahren? Selbst wenn es diesen Achtzig-Jahres-Zyklus geben sollte, lässt er sich mit der Demographie kaum in Verbindung bringen. Aber das Problem mit so langen Zyklen ist ein grundsätzliches: Sie unterstellen die Vergleichbarkeit von Epochen, die kaum etwas gemein haben. Um einen solchen Zyklus empirisch zu belegen, sollte man ja nicht nur ein oder zwei volle Zyklen nachweisen können, sondern mindestens drei, besser vier oder fünf. Dafür müsste man, von 2010 ausgehend, bis in die Jahre 1770, 1690 und 1610 zurückgehen. Damals aber arbeiteten in Mitteleuropa noch über 80 Prozent der Bevölkerung in der Landwirtschaft, sodass Konjunkturzyklen damals wohl eher mit dem Klima zusammenhingen als mit der Weltwirtschaft.
Das heißt sicher nicht, dass alles Unsinn ist, was Dent in diesem Buch schreibt. Aber es zeigt, dass nicht alles Sinn ergibt, was er darin im Brustton unerschütterlicher Gewissheit vorträgt. Man muss sehr scharf und kritisch hinschauen, um zu erkennen, wo er belastbare Argumente auf seiner Seite hat und wo er nur seiner Zyklophilie erliegt. Wie mystisch er über manche Dinge denkt, zeigt ein erstaunlicher Zusammenhang, den er herstellt: "Why do you think the universe keeps throwing earthquakes, lightning, ice ages, and so on at us? Challenges create innovation and growth." (S. 75) Eigentlich nett vom Universum, dass es sich unseretwegen so viel Mühe macht.
Seine Argumentation hat mich durchaus davon überzeugt, dass wir in den kommenden Jahren – vorbehaltlich der Großdruckereien in Washington, Frankfurt und Tokio – eher auf Deflation als auf Inflation gefasst sein sollten: "Younger people cause inflation. (…) Conversely, older people tend to be more deflationary. They spend less, downsize in major durable goods, borrow less, and save more. They don't require investments in new infrastructure (…), they ultimately leave the workforce and downsize to smaller homes or even nursing homes." (S. 21 f.) Infolgedessen stellt Dent eine starke Korrelation zwischen dem Wachstum der Beschäftigtenzahl und der Inflation fest (wobei er den Korrelationskoeffizienten leider verschweigt).
Aber hier beginnt schon das Problem aller Zyklustheorien: Zum einen gibt es keine Begründung dafür, weshalb sich Zyklen, so sie denn existieren, an einen starren X-Jahre-Rhythmus halten sollten – die allermeisten Naturereignisse von Eiszeiten über Erdbeben bis zu Waldbränden und Überschwemmungen tun das schließlich durchaus nicht. Zum anderen bleibt völlig unbeachtet, welche Auswirkungen es hat, wenn der Mensch in solche Zyklen eingreift. Bei Waldbränden und Überschwemmungen spielt menschliches Handeln ja durchaus eine Rolle: Wenn kleine Waldbrände rasch gelöscht oder Flüsse kanalisiert und Flächen versiegelt werden, verändert das den Gang der Ereignisse, und sogar auf das Klima nehmen wir wohl mehr Einfluss als uns lieb sein kann.
Wie sicher ist es also, davon auszugehen, dass die massiven Eingriffe der Staaten und Notenbanken keinen Einfluss auf den Konjunkturzyklus hätten? Wenn Inflation das Produkt aus Geldmenge und Umlaufgeschwindigkeit ist, wie vernünftig ist es dann, anzunehmen, dass eine Aufblähung der Geldmenge keinen Einfluss auf die Inflationsrate hat, selbst wenn man die Umlaufgeschwindigkeit nicht steuern kann? Es mag schon sein, dass menschliche Eingriffe, ähnlich wie bei Waldbränden, Hochwässern und dem Klima, das Problem verschlimmern und letztlich zu einer Katastrophe führen. Aber das schließt ja nicht aus, dass sie die "natürliche" Entwicklung erst einmal verzögern – und damit auch den Eintritt eines zyklischen Abschwungs (oder Aufschwungs) erheblich hinausschieben.
Wie viele Ökonomen verurteilt Dent solche Eingriffe – aber das macht sie ja nicht unwirksam. In diesem Zusammenhang gelingt ihm auch eine Stilblüte, bei der wir den Lektoren ewig dankbar sein müssen, dass sie sie stehen ließen: Über Japan schreibt er, es bleibe eine Koma-Ökonomie gefangen, eben weil es den Bankrott seiner Banken und Konzerne nicht zugelassen habe: "It killed the golden goose that drives the invisible hand of the free-market system." (S. 75) Solange eine goldene Gans die unsichtbare Hand des Marktes antreibt, kann die Lage noch nicht ganz so schlimm sein. Allerdings ist Gefahr im Verzug: "I believe the great reckoning is coming over the next decade, likely most dramatically in the next two years. I think by early 2014 the economy will begin to demonstrate the limits of endless stimulus in a world bubble that is like an overinflated balloon – heading directly for a nest of sharp-tipped pins." (S. 78) Na dann: Lassen wir es krachen.
"Why Real Estate Will Never Be the Same", erklärt das dritte Kapitel, nämlich ganz simpel, weil "dyers outweigh buyers" (S. 84) Seine daraus abgeleitete Empfehlung ist einleuchtend: "We go back to the old model: Own real estate because you love it and want to live in it and improve it long-term, or because it is strategic to your business. Or invest in it if you can rent it out for positive cash flow. But don't buy real estate because you think you are going to get rich sitting on it." (S. 97) Plausibel auch, dass er noch einen großen Crash in einigen Megastädten vor allem in Asien erwartet, in denen die Immobilienpreise beim bis zu 35-fachen (!) eines Durchschnittseinkommens liegen. Im Vergleich dazu sind London mit dem nur 13-fachen oder New York, Melbourne, Sydney und Vancouver mit dem nur 10-fachen Paradiese für Schnäppchenjäger. (Und ich verstehe endlich, wieso die Asiaten in Deutschland Häuser kaufen und nicht zuhause.)
Dass die öffentlichen und privaten Schulden exorbitante Ausmaße annehmen, wissen wir schon aus anderen Quellen, aber wir können es im vierten Kapitel noch einmal auf den neuesten (und dramatischsten) Stand bringen lassen. Für die USA kommt Dent auf eine Gesamtverschuldung in Höhe des 8,2-fachen des Bruttoinlandsprodukts. Nimmt man nur die offiziell ausgewiesenen Staatsschulden, so ergibt sich die Rangfolge Irland (6,3) vor Japan (5,6) und Großbritannien (4,9); erst mit deutlichem Abstand folgen Portugal (3,8), Spanien (3,7), die USA (3,6) und Frankreich (3,5), während es Deutschland und China gerade mal auf 2,8 bringen. Auch daraus leitet er ab, dass wir viel eher mit Deflation als mit Inflation rechnen sollten: "Deflation always follows debt bubbles when they finally deleverage." (S. 112) Nur wann das halt der Fall sein wird, da bin ich mir nicht so sicher wie Mr. Dent.
Dem schließt sich im fünften Kapitel "A Brief History of Financial Bubbles" an, und der kundige Leser ahnt schon, dass sie böse enden werden. Dent lautet daraus zehn zusammenfassende Prinzipien ab, von denen die drei interessantesten lauten: "Bubbles tend to go back to where they started or a bit lower", "Financial bubbles tend to get more extreme over time as credit availability to fuel them expands as our incomes and wealth expands" und "No one wants the 'high' and easy gains to end, so we go into denial as the bubble evolves, especially in latter stages" (S. 146). So kommt er denn auch zu der Vorhersage, dass der Dow Jones nach einem Peak bei 17.000 auf um die 6.000 abstürzen und im weiteren Verlauf sogar 3.300 bis 3.800 erreichen wird.
Ebenfalls schwarz sieht Dent, wie er im sechsten Kapitel darlegt, für die Rohstoffpreise und damit für die Schwellenländer. So sagt er einen Absturz des Ölpreises auf 20 Dollar vorher, ohne auch nur ansatzweise auf die steigenden Förderkosten und den sinkenden Nettoenergieertrag einzugehen. Den Goldpreis sieht er zunächst auf 700 bis 740 Dollar und bis 2020 auf 250 Dollar abstürzen, was ebenfalls etwa ein Viertel der "Produktions"kosten wäre. Aber im Grunde sind diese Zahlen nur die (mehr oder weniger) logische Konsequenz aus seiner Vorhersage eines bevorstehenden ökonomischen Winters.
"Investment Strategies for the Financial Crisis Ahead" verspricht das siebte Kapitel, in dem er zur Verwirrung der verunsicherten Anleger noch die Sonnenflecken sowie einen Achtzehn-Jahres-Zyklus in Spiel bringt: "I can't explain why, but about every eighteen years stocks and the general economic environment wax and wane, bullish and bearish, shifting from favorable to unfavorable." (S. 197) Spätestens hier ist wohl der Punkt erreicht, wo man sich entscheiden muss, ob man dem Guru folgen möchte oder nicht, denn eine eigene Berteilung ist kaum noch möglich. Neben dem Dow und den Entwicklungsländern kommt natürlich auch der Euro Stoxx unter die Räder, den er für Anfang 2015 bei knapp über 1000 prognostiziert. Auch für China sieht er ein "hard landing between 2014 and 2023" voraus (S. 211). Vermutlich sollte man dann möglichst viele Dollars in bar besitzen, denn: "The lesson of the late 2008 meltdown was that the U.S. dollar is the safe haven." (S. 216) Nach dem Crash – und wenn sich die Sonnenflecken wieder beruhigt haben – sollte man dann in Schwellenländer (oder das, was davon noch übrig ist) investieren: Denen räumt er langfristig die größten Chancen ein.
"Business Strategies for the Winter Season", offeriert Dent im achten Kapitel, und man ahnt schon: Im Winter heißt es warm anziehen! Auf das Kerngeschäft und ebendaselbst auf den Kundennutzen konzentrieren, das Geld zusammenhalten und Ausgaben verschieben, Fixkosten und Overhead reduzieren, unnötigen Grundbesitz verkaufen, von Schwachleistern trennen – kurz: Nichts, was man sich nicht auch hätte denken können. Außer der zu diesen Empfehlungen in sanftem Widerspruch stehende Aussage: "The great innovations occur in the downturns when the economy is challenged." (S. 231) Wer sich nur aufs Kostenmanagement konzentriert, wird von diesen Innovationen wohl erst später erfahren. Aber das macht nichts, weil das ohnehin nur Basisinnovationen sind: "The most practical incremental innovations and applications (…) usually occur into the summer season, motivated by rising inflation and costs." (S. 231) Trotzdem meint er: "The present shakeout or winter season will set the leaders in newer and older industries for decades to come. That means huge opportunities for those that survive and dominate." (S. 240)
Im neunten Kapitel schließlich geht es um "Government Strategies for Facilitating Free Markets". Wer keiner Regierung angehört, könnte geneigt sein, dieses Kapitel zu überspringen, obwohl es einige für Amerikaner überraschende Gedanken etwa zur (positiven) Rolle von Regierungen und zum Klimawandel enthält ("Put a tax on carbon", S. 333). Hier erwähnt er auch, dass sich bereits ein Währungskrieg anbahnt, ohne daraus aber Schlussfolgerungen etwa zu den Themen Inflation oder Geldwert / Gold abzuleiten. Es folgt ein Epilog "A Major Revolution Brews Every 250 Years", aber dieser letzte Paukenschlag wäre gar nicht mehr nötig gewesen, um das Buch mit gemischten Gefühlen aus der Hand zu legen.
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