Es lohnt sich, diesen Klassiker nach über 40 Jahren wiederzulesen: Um die Kühnheit und Sorgfalt dieser Pioniertat zu bewundern, aber auch um zu sehen, wie weitblickend diese Studie wirklich war und wie verfehlt besserwisserische Kritik an ihr ist.
Die Apologeten eines ungebremsten, allenfalls leicht "begrünten" Wirtschaftswachstums verweisen regelmäßig mit Süffisanz und Sarkasmus darauf, wie falsch "der Club of Rome" Anfang der siebziger Jahre mit seinen Prognosen doch gelegen habe und dass die von ihm vorhergesagten Katastrophen nicht eingetreten seien. Daraus versuchen Autoren wie der VWL-Professor und ehemalige FDP-Abgeordnete Karl-Heinz Paqué abzuleiten, dass "natürlich" auch die heutige Wachstumskritik völlig falsch liege und dass ein "nachhaltiges" Wachstum die Lösung für beinahe alle Menschheitsprobleme wäre. Andere hoffen darauf, das Wirtschaftswachstum vom Ressourcenverbrauch entkoppeln zu können.
Voreilige und verfehlte Kritik
Peinlicherweise beweisen die Wachstumsgläubigen mit diesem Argument nur eines, nämlich, dass sie weder "Limits to Growth" gelesen haben noch dessen deutsche Ausgabe "Die Grenzen des Wachstums". Denn erstens war "der Club of Rome" gar nicht der Urheber, sondern lediglich der Auftraggeber dieser von einer MIT-Forschungsgruppe um Dennis und Donella Meadows erstellten Studie. Zweitens enthält "Limits to Growth" gar keine Prognosen. Vielmehr betonen die Autoren immer wieder, dass es keineswegs ihre Intention sei, Vorhersagen zu machen, weil über viele Zusammenhänge und Wechselwirkungen viel zu wenig verlässliche Fakten vorlägen, um eine fundierte Vorhersage zu erstellen.
Tatsächlich nutzte die vom Club of Rome beauftragte Forschungsgruppe die damals neue, gerade erst von Jay W. Forrester entwickelte Methodik der Systemsimulation, um vielfältige Szenarien zur (damals) künftigen Entwicklung des Ressourcenverbrauchs durchzurechnen. Ihr zentrales Anliegen war, ihr komplexes Simulationsmodell "World3" von der Struktur und Systematik so sauber und schlüssig wie möglich hinzubekommen, das heißt, die verschiedenen Einflussfaktoren auf Ressourcengewinnung und -verbrauch von der Logik her möglichst sauber und konsistent zu modellieren.
Was ja in sich schon ein ungeheuer weitreichendes und kühnes Unterfangen war, erforderte es doch, alle wesentlichen Einflussfaktoren zu identifizieren und ihre wechselseitige Beeinflussung in Form von positiven und negativen Rückkoplungsschleifen so in ein Computermodell zu integrieren, dass die daraus resultierenden Entwicklungen über die Zeit vom Prinzip her sichtbar wurden. Und das mit einem Großrechner, dessen Rechenleistung weit unterhalb eines heutigen Mittelklasse-Smartphones lag.
Und drittens: So limitiert ihre Modelle und Hochrechnungen waren, die MIT-Forscher lagen damit keineswegs falsch, sondern verdammt nahe an der Realität, vor der wir heute stehen. Der große Schock war damals, dass die allermeisten Szenarien, die Meadows und Kollegen durchrechneten, eine ebenso penetrante wie beängstigende Konvergenz aufwiesen: Was auch immer sie an Parametern eingaben, ihre Modelle errechneten, dass es für die Menschheit im Verlauf des 21. Jahrhunderts (mit einer Streubreite von ein paar Jahrzehnten, je nach Parametern) verdammt eng werden würde: "Wenn die gegenwärtige Zunahme der Weltbevölkerung, der Industrialisierung, der Nahrungsmittelproduktion und der Ausbeutung von natürlichen Rohstoffen unverändert anhält, werden die absoluten Wachstumsgrenzen der Erde im Laufe der nächsten hundert Jahre erreicht." (S. 17)
Wenn man das trotz der vielen Vorbedingungen partout als Prognose verstehen will, dann ist es zumindest ein wenig voreilig, wenn die Paqués dieser Welt schon 2010, also nach nicht einmal 40 der genannten 100 Jahre über die angeblichen Fehlprognosen "des Club of Rome" triumphieren.
Eigentlich banal: In einer endlichen Welt kann es kein unbegrenztes Wachstum geben
Das Buch ist in fünf Kapitel gegliedert. Im kurzen ersten Kapitel "Die Gefahr exponentiellen Wachstums" machen die Autoren klar, was eigentlich trivial ist, aber trotzdem kaum jemand zur Kenntnis nehmen will: Dass nämlich in einem endlichen System wie dieser unserer Erde kein unbegrenztes Wachstum möglich ist. Und dass jeder Versuch, die Endlichkeit dieses Systems zu ignorieren, unweigerlich in einen Crash münden muss. Der Versuch, diese Endlichkeit wegzudiskutieren, hat in den Jahren seither zu allerhand intellektuellen Verzweiflungstaten geführt, wie der Erfindung eines "qualitativen", "grünen" oder gar "nachhaltigen" Wachstums. Blöd nur, dass man mit der Natur nicht verhandeln kann.
"Die Grenzen des exponentiellen Wachstums" ist das zweite Kapitel überschrieben, und diese Grenzen haben, wie sie zusammenfassen feststellen, "letztlich eine gemeinsame, recht banale Ursache: unsere Erde ist nicht unendlich. Je mehr sich die menschliche Aktivität den Grenzen der irdischen Kapazität nähert, um so sichtbarer und unlösbarer werden die Schwierigkeiten." (S. 74)
Bestimmt werden diese Grenzen zum einen von den "materiellen Grundlagen", zum anderen von den "sozialen Gegebenheiten", denn "das Wachstum von Bevölkerung und Wirtschaft [wird auch] von Faktoren wie Völkerfriede und soziale Stabilität, Erziehung und Beschäftigung und stetigem technischem Fortschritt stark beeinflusst." (S. 36) Während sich diese sozialen Gegebenheiten jedoch kaum quantifizieren und modellieren lassen, ist dies bei den materiellen Grundlagen vom Prinzip her recht gut möglich, auch wenn viele Daten fehl(t)en. Deshalb konzentrierten sich Meadows und Kollegen in ihrer Studie auf die materiellen Bedingungen und unterstellen die "besten sozialen Bedingungen" (S. 37). Was im Umkehrschluss heißt: Unter schwierigeren sozialen Bedingungen – wie Kriegen, Aufständen, Völkerwanderungen – wären die Grenzen des Wachstums unter Umständen deutlich schneller erreicht.
Bei den materiellen Grundlagen gibt es drei große Gruppen: Erstens Nahrungsmittel einschließlich Trinkwasser, zweitens Rohstoffe einschließlich fossiler und nuklearer Brennstoffe, drittens die Umweltverschmutzung, die als Abfallprodukt der Produktionsprozesse unvermeidlich (wenn auch in durchaus beeinflussbarem Ausmaß) entsteht. Einen kritischen Engpass lokalisieren sie dabei in dem verfügbaren Ackerland, stellen aber fest: "Auf die Frage, wieviel Menschen die Erde ernähren kann, gibt es keine einfache, eindeutige Antwort. Sie hängt vielmehr davon ab, für welche der möglichen Entwicklungswege sich die Menschheit entscheidet. Es gibt eine direkte Wechselwirkung zwischen erhöhter Nahrungsmittelproduktion und der Herstellung anderer Güter (…), welche die Menschen verlangen. Auch diese Nachfrage wächst mit steigender Bevölkerungszahl." (S. 43)
Da die "Verbrauchsrate für jeden Rohstoff weltweit exponentiell ansteigt" (S. 50), ist es irreführend, deren Reichweite, wie üblich, auf Basis konstanten Verbrauchs hochzurechnen. Solange der Verbrauch exponentiell steigt, spielt die tatsächliche Größe der Vorräte überhaupt nur eine untergeordnete Rolle. Selbst wenn die tatsächlichen Vorräte sehr viel größer wären als heute (bzw. damals) angenommen, macht das für ihre Reichweite bei exponentiellem Verbrauch nur einen Unterschied von ein paar Jahren oder Jahrzehnten aus. Für unsere Generation ist das möglicherweise ein gewaltiger Unterschied, aber es ändert nichts am Prinzip, nämlich daran, dass die physikalischen Grenzen des Wachstums eher früher als später erreicht werden.
Mit wachsender Produktion entsteht zugleich eine "exponentiell wachsende Umweltverschmutzung" (S. 59), wobei weitgehend unklar ist (bzw. 1972 unbekannt war), wo die Obergrenzen liegen: "Es ist unbekannt, wieviel Kohlendioxid oder Abwärme man freisetzen kann, ohne dass sich das Klima der Erde unwiderruflich verändert, oder wieviel Radioaktivität, Blei oder Quecksilberverbindungen und Schädlingsbekämpfungsmittel Pflanzen, Fische und Menschen aufnehmen dürfen, ohne dass die Lebensprozesse schwer gestört werden." (S. 69) Heute wissen wir in dieser Hinsicht deutlich mehr, aber es ist erschreckend, dass viele Probleme, mit denen wir heute zu kämpfen haben, schon vor mehr als 40 Jahren klar und deutlich thematisiert wurden.
Das Tückische bei der Umweltverschmutzung (im weitesten Sinne des Wortes) ist, dass ökologische Prozesse natürlichen Verzögerungen unterliegen: Gleich ob DDT, Nitratbelastung oder Antibiotika im Grundwasser, es dauert etliche Jahre – im Falle von DDT elf Jahre –, bis der maximalen Schadstoffausbringung die maximale Schadstoffanreicherung zum Beispiel in Fischen folgt, und weitere 20 bis 30 Jahre bis zu einer weitgehenden "Normalisierung" dieses Effekts. Dementsprechend wirken auch alle Maßnahmen zur Eindämmung erkannter Probleme mit erheblicher zeitlicher Verzögerung. Wenn beispielsweise bestimmte Umweltgifte ab 2020 aus dem Verkehr gezogen werden sollen, werden viele der heute lebenden Menschen den Nutzen dieser Intervention nicht mehr erleben.
Aufbau und zentrale Aussagen der Studie
Im dritten Kapitel "Wachstum im Weltsystem" beschreiben Meadows und Kollegen den Aufbau ihres Weltmodells: Welche fünf Grundgrößen sie verwendet – nämlich Bevölkerung, Kapital, Nahrungsmittel, Rohstoffvorräte und Umweltverschmutzung – und wie sie sie durch Wechselwirkungen und Regelkreise verknüpft haben. Das lohnt sich zu lesen, auch wenn es ins Detail geht. Denn nur, wenn man nachvollziehen kann, mit welcher Sorgfalt die Zusammenhänge modelliert wurden, und dies schlüssig findet, kann man die Ergebnisse der Simulationsrechnungen verstehen und für glaubhaft befinden.
Für jeden einzelnen Zusammenhang und jede Wechselwirkung musste das MIT-Team dabei den Stand der Forschung auswerten und jeweils spezialisierte Experten zu Rate ziehen. Dort, wo keine weltweiten Untersuchungen vorlagen, mussten sie die Zusammenhänge auf der Basis regionaler Befunde modellieren, wobei sie jeweils anhand von Modellrechnungen überprüften, was die kritischen Determinanten für das Systemverhalten waren. Insgesamt entstand so ihr Weltmodell "World3", das aus mehr als 100 prinzipiell gleichartigen Regelkreisen bestand.
"Ein Hauptzweck des Weltmodells war es herauszufinden, ob und welche Verhaltensweisen für das Weltsystem charakteristisch sind, wenn sich das Wachstum Grenzwerten nähert. Diese Bestimmung von Verhaltensweisen ist Voraussage nur in einem sehr beschränkten Sinne des Wortes. Die Computer-Durchläufe (…) zeigen Werte für die Weltbevölkerung, das Kapital und andere variable Größen über den Zeitraum von 1900 und 2100. Es handelt sich hierbei nicht um exakte Voraussagen über diese Größen in Zukunft. Die Werte stellen nur Hinweise auf die für das Weltsystem charakteristischen Verhaltensweisen dar." (S. 79)
Bei der Verfeinerung ihres Modells stellten die Forscher allerdings fest, "dass die Struktur des Modells, die Art, wie die einzelnen Regelkreise aufgebaut sind und sich beeinflussen, für das Gesamtverhalten des Modells viel wichtiger sind als genaue Zahlenwerte, die dann in den Regelkreisen wirken. Selbst relativ große Veränderungen der jeweiligen Daten führen nicht zu grundsätzlich verändertem Verhalten des Gesamtmodells" (S. 108). Das ist eine sehr wichtige Erkenntnis, denn wenn das Verhalten des Modells so stabil ist, bedeutet das, dass ungenaue oder geschätzte Daten kein großes Fehlerrisiko mit sich bringen und vor allem kein völlig verzerrtes Modellverhalten auslösen können.
Deshalb, so konstatieren Meadows und Kollegen, "erscheinen die heute vorliegenden Daten allein schon ausreichend, um die Grundverhaltensweisen des Weltsystems festzulegen und zu erkennen." (S. 118) Sie sind darüber nicht sonderlich überrascht: "Dass die Struktur wichtiger ist als Zahlenwerte, ist eine allgemeine Erscheinung bei dynamischen Systemen, die aber ohne die Besprechung zahlreicher Beispiele und ohne praktische Beobachtung derartiger Systeme schwer zu belegen ist." (S. 119)
Fatale Konvergenz der Ergebnisse
Wenig beruhigend waren indes die Ergebnisse, denen ihr Weltmodell mit penetranter Beharrlichkeit entgegenstrebte: Das "Systemverhalten tendiert eindeutig dazu, die Wachstumsgrenzen zu überschreiten und dann zusammenzubrechen. Der Zusammenbruch, sichtbar am steilen Abfall der Bevölkerungskurve nach ihrem Höchststand, erfolgt infolge Erschöpfung der Rohstoffvorräte. Das Industriekapital wächst bis zu einer Höhe, die enorme Rohstoffmengen beansprucht. (…) Wenn dann schließlich die Kapitalinvestitionen mit der Rohstoffausschöpfung nicht mehr Schritt halten können, bricht die industrielle Basis zusammen und reißt dabei auch den Dienstleistungssektor und das landwirtschaftliche System mit sich, die beide von den industriellen Investitionen abhängig sind" (S. 111).
Deshalb wagen sie als Resümee zumindest eine Tendenzaussage: "Mit einiger Sicherheit lässt sich deshalb sagen, dass im gegenwärtigen Weltsystem sowohl das Wachstum der Bevölkerung wie der Wirtschaft im nächsten Jahrhundert zum Erliegen kommen und rückläufige Entwicklungen eintreten, wenn nicht zuvor größere Änderungen im System vorgenommen werden." (S. 112)
Zum Schluss des Kapitels gehen sie auf die – zu Recht – aufkommende Beunruhigung ihrer Leser ein: "Soll das heißen, dass es tatsächlich der Menschheit bestimmt sei, bis zu einem Optimalwert anzuwachsen und dann in eine kümmerliche Existenzform zurückzufallen, mit ungenügender Ernährung und hohen Geburten- und Sterberaten, also stark verkürzter Lebenserwartung? Nur dann, wenn die heute geltenden Voraussetzungen für die Entwicklung auch weiterhin gültig bleiben und sich nicht grundsätzlich ändern. (…) Im System sind viele Möglichkeiten für ein geändertes Verhalten vorhanden." (S. 115)
Kann der technische Fortschritt die Systemgrenzen sprengen?
Im vierten Kapitel "Technologie und die Grenzen des Wachstums" antworten die MIT-Forscher auf die verbreitete Hoffnung, der technische Fortschritt werde alle diese Probleme lösen, und und heute noch unvorstellbare Innovationen in Energieerzeugung und Nahrungsmittelproduktion, Umwelttechnik und Rohstoffsubstition würden die Grenzen des Wachstums ins Unendliche verschieben. Dazu variieren sie einfach in verschiedenen Modellszenarien beispielsweise die Annahmen über die Rohstoffvorräte: Sie verdoppelten etwa die Reserven und unterstellten außerdem, dass ab 1975 dank Recycling nur noch ein Viertel der heutigen "neuen" Rohstoffmengen benötigt würde, nicht ohne hinzuzufügen: "Diese beiden Annahmen sind sehr viel optimistischer, als sie der Wirklichkeit entsprechen." (S. 119)
Doch leider helfen selbst diese optimistischen Annahmen nichts: Statt durch eine Verknappung und Verteuerung der Rohstoffe würde das Wachstum dann durch eine explodierende Umweltverschmutzung gestoppt: "Rohstoffe in unbeschränkten Mengen sind offensichtlich nicht geeignet, das Wachstum im System unserer Erde aufrechtzuerhalten. Sie stimulieren zunächst die wirtschaftliche Entwicklung, müssen aber mit Maßnahmen zur Verhinderung der Umweltverschmutzung kombiniert werden, wenn sie nicht zu einem Bevölkerungskollaps führen sollen." (S. 120)
Also hielten sie in einem weiteren Szenario auch die Umweltverschmutzung unter Kontrolle. Dummerweise wurde dafür – bei realistischen, eher konservativen Annahmen – so viel Kapital benötigt, dass Industrie- und Nahrungsmittelproduktion aus diesem Grund absanken, und mit ihr die Bevölkerungszahl. Ähnliches ereignete sich auch bei anderen Technik-getriebenen Rettungsversuchen: Es änderten sich die Gründe für den Kollaps, aber nicht die Tatsache selbst: "Das Grundverhalten des Weltsystems ist das exponentielle Wachstum von Bevölkerungszahl und Kapital bis hin zum Zusammenbruch. Wie dargelegt, bleibt dieses Grundverhalten unverändert, ob man nun davon ausgeht, dass sich nichts Wesentliches ändern wird, oder ob man beliebig viele technologische Veränderungen einführt." (S. 129)
Mögliche Auswege und verpasste Chancen
"Der Zustand weltweiten Gleichgewichts", der aus Sicht der Autoren anzustreben ist (bzw. gewesen wäre), ist Gegenstand des fünften und letzten Kapitels. Es berührt eigenartig, nach mehr als 40 Jahren im Rückblick zu lesen, was man aus damaliger Sicht hätte tun können und müssen, um einen Kollaps zu verhindern, und zu erkennen, dass zwar nicht gar nichts, aber doch nur ziemlich wenig geschehen ist. Während bei der Umweltverschmutzung wenigstens einige Maßnahmen zu deren Eindämmung und zum Recycling kostbarer Rohstoffe umgesetzt wurden, wurden die ebenso zentralen wie heiklen Stellhebel Bevölkerungsentwicklung und Wirtschaftswachstum seither nicht ernsthaft angefasst.
Schließlich machten sich Meadows und Kollegen auf die Suche nach einem Systemzustand, der sich, wie man heute sagen würde, "nachhaltig" aufrechterhalten lässt, ohne früher oder später unkontrolliert aus dem Ruder zu laufen, und der der Weltbevölkerung erlauben würde, ihre materiellen Grundbedürfnisse zu befriedigen. Sie stellten dazu fest: "Wenn wir ein stabiles System anstreben, darf keiner der beiden kritischen positiven Regelkreise unkontrolliert bleiben. Die Stabilisierung der Bevölkerungszahl allein ist unzureichend; ebenso die alleinige Stabilisierung des Kapitalwachstums, wie Test-Computer-Durchläufe bewiesen." (S. 145f.)
In zunehmender Verfeinerung entwarf die MIT-Forschungsgruppe daher verschiedene "stabilisierte Weltmodelle", mit denen sich tatsächlich ein – bis auf die langsam schwindenden nicht erneuerbaren Rohstoffe – nachhaltiger Gleichgewichtszustand herstellen ließe. Diese Szenarien hatten allerdings den Nachteil, völlig unrealistisch zu sein – was den Forschern auch bewusst war: "Wir erwarten nicht, dass irgendeine dieser Maßnahmen (…) tatsächlich auf der Erde im Jahr 1975 eingeführt werden. (…) Es muss aber betont werden, dass die Möglichkeiten, Stabilität zu erreichen, immer geringer werden, je länger das exponentielle Wachstum anhält." (S. 150f.)
Heute sind wir nicht nur einen, sondern viele Schritte weiter auf dem Weg, vor dem uns Meadows und Kollegen gewarnt haben: Viele Kenngrößen haben die kritische Schwelle wohl längst überschritten, und eine "sanfte Landung" wird kaum noch möglich sein. Trotz der wissenschaftlich-nüchternen Diktion dieses Textes ist es bestürzend zu sehen, wie viel wir vor 40 Jahren schon gewusst haben – und wie wenig die Menschheit aus diesem Wissen gemacht hat. Es wird schwierig werden, die Frage unserer Enkel und Urenkel zu beantworten, weshalb wir das einfach geschehen ließen – und mit unserem eigenen Lebensstil dazu beitrugen.
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