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Erinnerungen eines feingeistigen Spekulanten

Kostolany, André (1996):

Weisheit eines Spekulanten

Im Gespräch mit Johannes Gross

Econ (Düsseldorf) 4. Aufl. 2000; 208 Seiten (vergriffen)


Nutzen / Lesbarkeit: 6 / 8

Rezensent: Winfried Berner, 18.07.2017

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Ein amüsantes, 200 Seiten langes biographisches Interview mit dem Altmeister der Spekulation. Der Unterhaltungswert dominiert gegenüber dem Lerngewinn: Mehr ein Kennenlernen der Legende Kostolany als ein Lehrbuch für den Börsenerfolg.

Ein faszinierender Mann muss er schon gewesen sein, der 1906 geborene und 1999 hochbetagt verstorbene André Kostolany, der eigentlich viel lieber Musiker als Börsenspekulant geworden wäre. in Budapest als jüngstes Kind einer großbürgerlichen jüdischstämmigen, aber zum Katholizismus konvertierten Familie geboren, von einer Bamberger Hauslehrerin mit der deutschen Sprache und Kultur (und dem Franzosenhass) vertraut gemacht, verbrachte er seine "Lehrjahre" als Börsianer im Paris der Roaring Twenties, erlebte dort den Börsencrash und wurde darin als "Baisse-Spekulant" erstmals reich.

Sein neugewonnenes Vermögen verlor er indes bald wieder, indem er die Baisse überreizte, doch er baute sich dank seiner Ideen und seiner ungewöhnlichen Kontaktfähigkeit ein neues auf. Angesichts des Überfalls von Hitler-Deutschland auf abentuerliche Weise von Frankreich in die USA, fand sich aber offenbar auch dort ziemlich mühelos zurecht. Trotzdem kehrte er nach dem Krieg nach Europa zurück und lebte in Paris, München und anderen Orten.

In einem Alter, in dem andere in Rente gehen, machte Kostolany seine zweite Karriere als Autor und Vortragsredner – vor allem in deutscher Sprache, weil er dort den größten Bedarf sah und wohl auch die stärkste Nachfrage erlebte. Sie führte er in ungebrochener Vitalität und geistiger Präsenz fort bis kurz vor seinem Tod.

Das Interview ist trotz gelegentlicher Längen unterhaltsam und amüsant zu lesen, zumal sich Johannes Gross als Interviewer zurücknimmt und Kostolany nur die Impulse für seine Erzählungen liefert. Doch es führt selten zu Erkenntnissen, bei denen ich geneigt war, sie anzustreichen, um sie bei Bedarf wiederzufinden.

In meiner Rückschau dominieren Anekdoten und Aphorismen – etwa, wenn er die eher pessimistische Stimmung der in New York versammelten Flüchtlinge und Emigranten staubtrocken sagt: "Die Pessimisten waren in Amerika, die Optimisten in Auschwitz." Oder wenn er, der leidenschaftliche Opernfan, zu seiner großen Überraschung einen anderen Börsenhändler in der Oper trifft und ihn fragt: "Ja, was machen Sie denn hier?" – "Ich warte auf den Schluss."

In Summe trägt das Buch mehr dazu bei, sich ein authentisches Bild von der Legende Kostolany zu machen, als dazu, Neues über die Börse zu lernen.

Schlagworte:
Geldanlage, Börse, Spekulation, Finanzmärkte, Geschichte

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