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Veränderungskommunikation aus PR-Perspektive

Pfannenberg, Jörg (2003):

Veränderungskommunikation

Den Change-Prozess wirkungsvoll unterstützen – Grundlagen, Projekte, Praxisbeispiele

Frankfurter Allgemeine (Frankfurt); 260 S.; 29,90 Euro


Nutzen / Lesbarkeit: 8 / 7

Rezensent: Winfried Berner, 24.07.2004

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Konkurrenz von unerwarteter Seite mischt sich in das Change Management ein: PR-Agenturen entdecken die Veränderungskommunikation. Und das Unangenehmste: Wenigstens diese scheint ihr Geschäft zu verstehen. Nur der Dialog ist ihre Sache (noch?) nicht.

Jörg Pfannenberg ist Inhaber einer PR-Agentur, die sich auf "Veränderungskommunikation" und "B2B-Kommunikation" spezialisiert hat. Sein gerade für professionelle Change Manager ausgesprochen lesenswertes Buch besteht zur Hälfte aus 10 ungewöhnlich ausführlich und sorgfältig dokumentierten Fallbeispielen, bei denen jeweils der Name des Kunden genannt und das Projekt im Detail anhand einer klaren, durchgängigen Struktur beschrieben wird. An der Vorgehensweise kann man zwar aus der klassischen OE-Perspektive einiges aussetzen; mich persönlich beeindruckt aber neben der bewiesenen Bereitschaft zur Transparenz und Offenheit auch die Mischung aus Pragmatismus, ganzheitlich-strategischem Denken und Mut zu "großen Lösungen", die Pfannenberg beweist.

Vor diesen Fallstudien kommen fünf "theoretische" Kapitel, in denen Pfannenberg sein Verständnis von Veränderungskommunikation vermittelt. Schon sein erster Satz macht deutlich, dass zwischen seinem Verständnis und dem Change Management Welten liegen: "Immer wenn Veränderungsprozesse von großer Tragweite gesteuert werden müssen, benötigt das Management verstärkt Unterstützung durch Kommunikation." (S. 9) Als überzeugter Change Manager hätte ich – und hätten vermutlich viele Kollegen – diesen Satz so zu Ende geführt: "... muss sich das Top Management verstärkt um überzeugende Kommunikation bemühen." Unterstützungsbedarf oder Handlungsbedarf – das ist hier die Frage.

Dieser Unterschied mag in der Praxis geringer scheinen als in der Theorie. Pfannenbergs "Unterstützung durch Kommunikation" relativiert sich in der Realität wohl zur Unterstützung bei der Kommunikation, und unsere Position läuft in der Praxis ebenfalls meist auf eine Unterstützung des Top Managements bei seiner Kommunikation hinaus. Dennoch bleibt eine wichtige Differenz: Nach meinem Verständnis hat das Top Management die uneingeschränkte Verantwortung für die Kommunikation und zugleich eine zentrale, nicht delegierbare Rolle bei der Kommunikation. Für Pfannenberg scheint es sich – das untermauern die Fallbeispiele – um weitgehend delegierbare Aufgaben zu handeln, bei der das Top Management nur zu den im Drehbuch definierten Zeitpunkten in die Bütt muss, um sein vorbereitetes Lied zu singen. Es ist eine Nuance zu hart formuliert, dies zuzuspitzen auf: Verantwortliche Führung oder Auftritte in einer von professionellen Regisseuren festgelegten Inszenierung? Aber um diesen Konflikt geht es letztlich. Da Pfannenberg mit seinem Ansatz aber offensichtlich Erfolg hat, scheint es für beide Modelle einen Markt zu geben. (Was ich mit Erschrecken zur Kenntnis nehme: Was ist das für ein Management, das seine Verantwortung für die Kommunikation und damit für die Führung an externe Gurus delegiert?!)

Das erste Kapitel ist schlicht "Grundlagen" überschrieben, doch es legt einen spröden, wenig nutzbaren Grund. Pfannenberg zitiert sich hier durch die Literatur und macht ausgiebig von Autoritätsbeweisen Gebrauch, die eigentlich seit der Aufklärung als überholt gelten. Das heißt, er argumentiert in vielen Passagen nicht inhaltlich, sondern stellt Behauptungen in den Raum und nennt in Klammern irgendwelche Veröffentlichungen von mehr oder weniger bekannten Autoritäten, die der Leser in aller Regel nicht verifizieren kann und daher glauben muss – oder wenigstens soll.

Je nachdem, wen Pfannenberg gerade zitiert, variiert die Lesbarkeit der Abschnitte stark. Bei etlichen Passagen ist es mir nicht gelungen herauszufinden, ob sie wirklich etwas bedeuten oder nur bedeutungsvoll klingen: "Wandlungsaktivitäten mit hoher Intensität, Paradigmenwechsel und Aufbau neuer Strukturen innerhalb kurzer Zeit (Second Order Change) sind darüber hinaus durch Multidimensionalität gekennzeichnet. Der Wandel zielt auf alle wesentlichen Aspekte des Verhaltens (Levy/Merry 1986, S. 9)." (S. 16) Was mich zusätzlich skeptisch stimmt, ist, dass Pfannenberg kaum je sagt, welche praktischen Schlussfolgerungen er aus diesen Erkenntnissen konkret für die Veränderungskommunikation ableitet. Und so bleiben die meisten dieser Aussagen ebenso abstrakt wie folgenlos.

Ähnlich schwer verdaulich geht es auch im zweiten Kapitel "Botschaften" weiter: "Kontextualisierung des Issue. Idealerweise werden beim Issue Setting mehrere bestehende Kontexte miteinander verbunden, die das neue Issue legitimieren..." (S. 30) Doch im gleichen Kapitel bietet Pfannenberg auch Gedanken an, die erstaunliche Einfühlung in die Mitarbeiter erkennen lassen und vielen Kollegen der PR-Branche zu wünschen wären: "Empfundene Risiken in Veränderungsprozessen können nicht wegkommuniziert werden, negative Faktoren lassen sich nicht in positive Ereignisse umwerten." (S. 33) Insgesamt wird die Sprache im Laufe dieses Kapitels klarer, die Gedankengänge sehr viel besser nachvollziehbar, der Praxisbezug deutlicher. Und bei diesem hohen Niveau bleibt es dann auch für den Rest des Buchs.

Das dritte Kapitel "Phasen" ist im Wesentlichen eine Zusammenfassung von John Kotters Buch "Leading Change", angereichert durch neun Seiten grafischer Aufbereitung von dessen Modell in Form von Blockpfeilen. Die Darstellung der Phasen orientiert sich in meinen Augen ein bisschen eng und unkritisch an Kotter, liefert aber gerade dadurch eine prägnante Zusammenfassung seines Buchs. Eingeleitet wird das Kapitel durch ein Zitat von Kurt Lewin, dem Begründer der modernen Sozialpsychologie: "Veränderungsprozessen liegt die Abfolge von Unfreezing – Moving – Refreezing (Lewin 1963, S. 207f.) zu Grunde" (S. 37). So anerkennenswert es ist, das Gedächtnis dieses außergewöhnlich produktiven und kreativen Ahnherrn zu ehren: Lewin hätte es verdient gehabt, mit einem bedeutenderen Gedanken zitiert zu werden. Bei welchem Veränderungsprozess der letzten Jahre hätte je ein "Refreezing" stattgefunden?!

Besonders beachtenswert ist Kapitel 4 "Typische Veränderungsprojekte und die Anforderungen an die Kommunikation". Im Gegensatz zu den meisten Veröffentlichungen über Change Management hat Pfannenberg erkannt, dass unterschiedliche Arten von Veränderungsvorhaben völlig unterschiedliche Gesetzmäßigkeiten haben – und völlig unterschiedliche Anforderungen an die Kommunikation stellen. Zwar systematisiert er sie nicht, sondern handelt lediglich sieben Typen – von "Restrukturierung / Downsizing" über Kundenorientierungsprogramme bis "Spin-Offs" nach einem einheitlichen Muster ab: Er beschreibt zunächst die "Kommunikationssituation", dann die "häufigsten Kommunikationsfehler" und skizziert dann jeweils eine "Strategie der Kommunikation". Doch seine Darstellung macht in überzeugender Weise deutlich, welch grober Unfug es ist, unterschiedliche Typen von Veränderungsvorhaben im Change Management über einen Kamm zu scheren. Konsequenterweise hätte er diese Einsicht freilich auch auf das vorangegangene Kapitel "Phasen" anwenden sollen, denn ein Downsizing verläuft in anderen Phasen als ein TQM-Projekt oder ein Kundenorientierungsprogramm.

Lesenswert auch das kurze Kapitel "Evaluation" – gerade weil eine Kontrolle des Kommunikationserfolgs bei den wenigsten Veränderungsprojekten vorgenommen wird. Angesichts dessen, was dabei für die Unternehmen auf dem Spiel steht, ist solch ein Blindflug eigentlich ziemlich professionell. Allerdings stellt Pfannenberg zu Recht fest: "Es nutzt nichts, nach Beendigung des Veränderungsprozesses zu messen, ob die Kommunikationsziele erreicht wurden. Denn wenn dies nicht der Fall ist, dann ist der Change-Prozess gescheitert – in der Regel gibt es für das Unternehmen keine zweite Chance." (S. 106) Deshalb schlägt er vier Elemente für das Monitoring von Veränderungsprozessen vor und nennt jeweils einige geeignete Methoden: Zunächst die "Ermittlung des spezifischen Veränderungsbedarfs", dann die "Präevaluation", weiter – und meines Erachtens am wichtigsten – die "prozessbegleitende Meinungsforschung und Evaluation", und schließlich (doch noch) die "Ex-post-Wirkungskontrolle".

Daran schließen sich, wie eingangs erwähnt, die zehn ausführlich dokumentierten Fallstudien an. Spätestens hieraus sieht man, dass Pfannenberg sein Geschäft wirklich versteht – und dass seine Arbeit von mindestens zehn Kunden als so erfolgreich angesehen wird, dass sie ihr Einverständnis für die Nennung ihres Unternehmens und eine ausführliche Projektbeschreibung gegeben haben. Dagegen lässt sich kaum andiskutieren – auch wenn man mit der Vorgehensweise nicht in allen Punkten einverstanden sein mag.

Schlagworte:
Change Management, Kommunikation, PR, Interne Kommunikation, Kundenkommunikation, Öffentlichkeitsarbeit, Stakeholder

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